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Mutige Dompteuse

■ Ob Abgeordnete oder Hühner – Bürgerschaftspräsidentin Ute Pape hat alle fest im Griff Von Heike Haarhoff

Ute Pape ist eine mutige Frau. Als Bürgerschaftspräsidentin scheut sie nicht, wild gewordene Abgeordnete im Zaum zu halten. Gestern hat sie – auf Einladung des Ottenser Stadtteilzentrums – ihr Geschick als Dompteuse im Motte-Hühnerhof bewiesen: Mit festem Blick tritt sie dem aufgescheuchten Federvieh entgegen, das ob so hohen Besuches schon nervös im Gehege herumflattert.

Als sei der Griff in den mitgebrachten Körnersack Routine („den halben Zentner habe ich mit meiner Abgeordneten-Aufwandsentschädigung bezahlt“), beginnt Ute Pape die (Raub-)Vogelfütterung. Die Presse steht sich hinterm Zaun die Füße platt. Fotos einer hühnerfütternden Bürgerschaftspräsidentin sind rar. „Das letzte“, weiht uns Ute Pape später ein, „wurde geschossen, als ich zwei Jahre alt war.“

Aber eigentlich sei sie nicht gekommen, um ihre Verbundenheit mit dem Landleben zu demonstrieren: „Mit Bauernhöfen habe ich sonst nichts am Hut.“ Wir sehen's ihr nach. Aber warum ist sie hier? „Ausgelöst“, klärt die Motte-Kleintiergruppe auf, „wurde der Besuch durch die Berichte über den Diebstahl von insgesamt zehn Hühnern.“ In solchen schweren Zeiten steht eine Bürgerschaftspräsidentin, die wieder SPD-Abgeordnete in Altona werden möchte, den Lieben aus ihrem Wahlbezirk eben ganz persönlich bei.

Dank vieler Spenden hat sich der Hühnerhof inzwischen von dem schweren Schlag erholt: Sechs Arokaner-, 15 Italiener-Küken und gar zwei Flugenten bereichern den stark geschrumpften Bestand. „Wir haben uns bewußt für ausländische Züchtungen entschieden“, sagt Hühner-Experte Georg Petrausch. Das entspreche dem internationalen Ottenser Flair. Nach Bekanntwerden des Hühnerklaus sei der Motte sogar ein chinesisches Seidenhuhn „über den Zaun zugeflogen“. Leider legt das Zierhuhn keine Eier. Dafür sollen die der Arokaner grün sein (die Eischale, versteht sich) – zur Freude aller vom Ostereier-Färben geplagten Eltern. Verständigungsprobleme kennen Hühner nicht: „Obwohl die französischen ja cocorico, die englischen cock-a-doodledoo und die deutschen kikeriki gackern“, so Petrausch.

Ute Pape hört sich alles geduldig an, auch die Pläne zur Verkehrsberuhigung und Insekten-Nisthilfe, bestaunt den Gehweg, der ab Herbst Rothe- und Eulenstraße miteinander verbinden wird. Zum Abschied ein Huhn auf den Arm nehmen möchte sie nicht: „Das widerstrebt mir. Hühner sind keine Streichel-, sondern Nutztiere.“ Jawohl. Und bekleckert geht frau nur ungern zum nächsten Termin.

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