piwik no script img

■ NachschlagSing zum Abschied leise Blondes: Theater Affekt verschenkt in den Sophiensaelen „Die Girls“

Für einmal stehen Bistrotische in den wunderbar versifften Sophiensaelen. Alles deutet auf einen leicht unterhaltsamen, musikalischen, ein bißchen verruchten, bestimmt aber glamourösen Kleinkunstabend hin. Eine kleine Showtreppe führt auf die Bühne, hinten wird in Kürze ein Sechs-Mann-Orchester Platz nehmen, selbstverständlich befrackt. Über den swingenden Mannen hängt ein übergroßer roter Frauenmund, auf beiden Seiten wartet der Vorhang vergeblich, alles ist aus Pappe. Bedient werden die Wartenden an den Tischchen, der Kunde soll heute König sein. Es bedienen Sie gerne das Theater Affekt und die Sophiensaele.

Theater Affekt? Ja, die. Das Team, bei dem früher auch Stefan Bachmann dabei war, der jetzt so berühmt ist und im Sommer das Schauspiel am Theater Basel übernimmt. „Die Girls“ soll die vorerst letzte Affekt-Produktion der ursprünglichen Mannschaft in Berlin sein, ein „musikalisches Geschenk“. Für wen? Für die Ausführenden? In der Regie von Cuco Wallraff tanzen und singen sich Gesine Cukrowski und Ursula Ofner durch das Programm von Standards, frei nach dem Howard-Hawks-Film von 1953, „Blondinen bevorzugt“. Das ist nett und leicht, dann und wann natürlich verfremdet und lustig zitiert, doch im Grunde ist es einfach ein Liederabend mit schönen Frauen, die begleitet werden.

Man(n) wird bedient. Blond im silbrig Langen (Cukrowski), Braun im glitzrig Roten (Ofner) schlängeln einschlägig, sicher und zielbewußt über die Bretter. Rot/Braun fordert mit starker Stimme ihr Revier ein oder schmalzt italienisch. Silber/Blond haucht ein „Someday my prince will come“ und kriegt nur einen Frosch an der Angel (wieder Pappe). Und der Hausmeister, Techniker (Gerd Lukas Storzer), der gern verloren rumsteht, während wir ahnen, daß auch er noch groß rauskommen wird: dem Calypso-Kochtopf entronnen, den Mambo King gewonnen. Johannes Falkenstein hat solide, manchmal für die Band aber zu schwierige Arrangements geschrieben. Es swingt nicht so recht, man hört die Absenz eines Drummers.

Schön wäre: Mehr Comedy und eine Dramaturgie, die über die schiere Szenenfolge hinausgeht. Das Affekt-Label sollte mehr Szenisches garantieren oder wenigstens Einfälle, die mehr sind als nur die Überleitung zum nächsten Song. Tobi Müller

Bis 15.2. und 25. bis 29.3., 21 Uhr, Sophiensaele, Sophienstraße 18, Mitte. 26. bis 28.2., 20 Uhr, Studio des Renaissance Theaters, Knesebeckstraße 3, Charlottenburg

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen