: Briten gegen Blairs Krieg
■ Skepsis über Großbritanniens Kriegskurs im Irak wächst – von der Linken bis zum Militär
Berlin (taz) – Nach den USA ist Großbritannien das Land, das sich am aktivsten an den Planungen zu einem Militärschlag gegen den Irak beteiligt. Während britische Zeitungen ihre Leser mit Titelgeschichten über mögliche irakische B-Waffen-Anschläge in Großbritannien auf Krieg einstellen, regt sich aber auch Widerstand. Bis zu hundert Labour-Abgeordnete, so hofft der linke Parteiflügel, könnten heute abend im britischen Unterhaus durch Gegenstimme, Enthaltung oder Abwesenheit ihre Zustimmung verweigern, wenn ein Meinungsbild zur Irakpolitik der Regierung ansteht. Es wäre die zweite große parlamentarische Revolte gegen New Labour nach dem Streit um Kindergeldzuschläge im Dezember.
Zwei Friedenskundgebungen im Londoner Regierungsviertel haben in den letzten Tagen jeweils mehrere hundert Menschen versammelt, darunter einige Labour- Abgeordnete. Am Sonntag wurden neun Menschen festgenommen, als sie die Hauptstraße durch das Regierungsviertel blockierten. Zur Koordination von Antikriegsprotesten taten sich am vergangenen Donnerstag führende linke Labour-Abgeordnete mit Kirchengruppen und prominenten Schriftstellern zusammen.
Unmut über Blairs Kurs ist auch aus dem Militär zu hören. Generalstabschef Charles Guthrie hat gewarnt, daß die Ziele eines Militärschlags gegen den Irak nicht klar definiert seien. General Peter de la Billière, der das britische Kontingent beim Golfkrieg von 1991 kommandierte, schrieb letzte Woche, nur „eine großangelegte Invasion“ des Irak – die derzeit nicht zur Debatte steht – könne Saddam schwächen, während Luftangriffe ihn stärken würden. General Michael Rose, ehemalige Nummer zwei der britischen Landstreitkräfte und von 1994 bis 95 UNO- Kommandeur in Ex-Jugoslawien, hat gemeinsam mit zwei anderen pensionierten Generälen gewarnt, bei einem Militärschlag könnten britische Truppen mit britischen Waffen bekämpft werden, und fordert strengere Richtlinien für Waffenexporte.
Am Sonntag bekräftigte Premierminister Tony Blair seine harte Linie in einem Zeitungsartikel, in dem er schrieb, es gebe keinen „dritten Weg“ zwischen Gewaltanwendung und Hinnahme der irakischen Aufrüstung. Labour-nahe Kolumnisten weisen darauf hin, daß Blairs Außenminister Robin Cook beim Amtsantritt 1997 eine neue „ethische Außenpolitik“ versprochen hatte. Die werde nun der Achse Blair–Clinton geopfert. Tariq Ali, ein Veteran der Vietnam-Proteste der 60er Jahre, verglich New Labour gestern im Independent mit „aufgeregten jungen Welpen“, die „dem Kriegsherrn im Weißen Haus zustimmend zubellen“. D.J.
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