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Keine Gefahr für Suharto

Indonesiens Präsident Suharto muß trotz erneuter Unruhen und Rücktrittsforderungen nicht um seine Macht fürchten. Denn die Opposition gegen ihn ist sich nicht einig  ■ Von Jutta Lietsch

Bangkok (taz) – In Indonesien ist es gestern erneut zu Unruhen gekommen. Auf der Insel Sulawesi setzten in der Provinzhauptstadt Kendari mehrere tausend Menschen Läden von Chinesen und ein Kaufhaus in Brand. Augenzeugen schätzten die Menge auf 3.000 bis 10.000 Menschen. Chinesischstämmige Händler müssen immer wieder als Sündenböcke für Preissteigerungen herhalten. Auch in der Hauptstadt Jakarta kam es gestern zu Protesten. 600 Studenten forderten wegen der Wirtschaftskrise den Rücktritt von Präsident Suharto und dessen Regierung.

Doch Suharto muß bisher nicht um seine Macht fürchten. Seine für den 10. März geplante „Wiederwahl“ ist sicher. Weit und breit sind kein politischer Gegner und keine Gegnerin in Sicht, die ihn verdrängen könnten. Alle drei zugelassenen Parteien, die Vertreter der Provinzen sowie der Streitkräfte nominierten Suharto als ihren einzigen Kandidaten. Überraschend ist dies nicht: Suharto hat die meisten Delegierten der abstimmungsberechtigten 1.000köpfigen „Beratenden Volksversammlung“ selbst ernannt. Opposition, argumentiert der Präsident, zerstöre die „Harmonie der Gesellschaft“.

Dabei hat sich Suharto in den 32 Jahren seiner Herrschaft viele Feinde geschaffen: Intellektuelle, Menschenrechtsanwälte, Umweltschützer, Studenten, Gewerkschafter, Geschäftsleute und Führer großer religiöser Organisationen – und sogar ehemalige Generäle, die mit ihm für die Unabhängigkeit kämpften. Die Regierungsgegner sind rührig: Sie debattieren in illegalen Clubs, geben Zeitschriften heraus, stehen entlassenen ArbeiterInnen vor Gericht bei und versuchen, ihren Spielraum auszudehnen. Zur Opposition gehört auch der frühere Admiral und 72jährige Exgouverneur von Jakarta, Ali Sadikin. Bereits Anfang der 80er Jahre wandte er sich gegen Suhartos autoritäre Herrschaft und mußte dafür mit Hausarrest büßen. Bei ihm versammeln sich bis heute regelmäßig die vom Präsidenten enttäuschten Veteranen.

Da Suharto unliebsame Oppositionelle gern als „Kommunisten“ oder „Subversive“ verfolgen läßt, sitzen Kritiker wie der Ökonom Sri Bintang Pamungkas im Gefängnis. Auch der schwerkranke Gewerkschafter Mochtar Pakpahan ist in Haft. Alle vereint ein Gedanke: Suharto und sein Clan müssen die Macht verlieren. Doch über das, was danach kommt, gibt es noch wenig gemeinsame Vorstellungen. „Wir brauchen mindestens noch fünf bis zehn Jahre, bis wir für einen demokratischen Machtwechsel bereit sind“, erklärte Abdurrahman Wahid, Chef der islamischen „Gemeinschaft der Religionsgelehrten“ (NU) mit 30 Millionen Mitgliedern. Wahid spricht sich für die Zusammenarbeit religöser und ethnischer Gruppen des riesigen Staates aus, in dem 202 Millionen Menschen auf 9.000 Inseln leben.

Viele Oppositionelle hoffen, daß sich eine Bürgerbewegung entwickelt, an der sich Wahids NU, die Anhänger der Oppositionspolitikerin Megawati Sukarnoputri und die 28 Millionen Mitglieder starke islamische Muhammadiya- Organisation unter Amien Rais beteiligen. Hinter der 50jährigen Megawati, deren Sturz als Vorsitzende der „Demokratischen Partei“ 1996 vom Militär eingefädelt wurde, versammeln sich Teile der Mittelschicht, die demokratische Reformen wünschen, aber keine gewaltsamen Konfrontationen mit dem Militär riskieren wollen.

Der 52jährige Amien Rais studierte in Chikago Politologie und ist für seine antiamerikanische Haltung bekannt. Vergangenes Jahr wurde er aus der regierungsnahen Organisation Islamischer Intellektueller verbannt, nachdem er die Geschäfte des Suharto- Clans kritisiert hatte. Er ist ein feuriger Redner. Bei einer nicht genehmigten Kundgebung vor 10.000 Leuten in Yogjakarta forderte er Suharto letzte Woche erneut zum Rücktritt auf.

Ob das erhoffte breite Bündnis zustande kommt, ist fraglich. Zu unterschiedlich erscheinen die Gruppen. Auch unter den Muslimen herrschen verschiedene Auffassungen darüber, ob Indonesien ein islamischer Staat werden soll. Längst nicht alle Mitglieder der großen islamischen Organisationen teilen die liberalen Ansichten Wahids, der kürzlich einen Schlaganfall erlitt und vorerst als Mentor der Opposition ausfällt.

Viele Unzufriedene in den Religionsgemeinschaften wenden sich gegen die chinesischstämmige Minderheit, der sie die Schuld an der wirtschaftlichen Misere zuweisen. Bis vor wenigen Monaten gehörte auch Amien Rais zu denen, die antichinesische Reden hielten. Unter den ethnischen Chinesen aber hat Megawati zahlreiche Anhänger. Sie zehrt zudem vom Ruhm ihres charismatischen Vaters, Staatsgründer Sukarno. Die kleine christliche Minderheit fürchtet sich ebenfalls vor einem Machtzuwachs islamischer Gruppen. 85 Prozent der Indonesier sind Muslime. Rais und Megawati haben öffentlich erklärt, sie wollten Suharto ablösen. Doch ohne die Unterstützung des Militärs geht nichts – und bislang stehen die Generäle loyal zu Suharto.

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