: Der liberale Weg ist das Ziel
■ Joachim Zeller wurde beim CDU-Parteitag als Stellvertreter des Landesvorsitzenden Eberhard Diepgen bestätigt. Wiederwahl nur durch eine Kampfkandidatur gegen einen Mann der "Union 2000"
taz: Herr Zeller, Sie müssen in Zukunft mit denen, die Sie aus dem Landesvorstand kippen wollten, ebendort zusammenarbeiten. Suchen Sie jetzt die Auseinandersetzung?
Joachim Zeller: Ich denke, die Arbeit wird spannend werden. Ich hoffe aber, daß nun, nachdem die Wunden geschlagen sind, vieles wieder vernarbt und man Sachfragen in den Vordergrund stellen kann.
Nun ist der neue Landesvorstand sehr konservativ geprägt – im Gegensatz zu dem bisherigen. Befürchten Sie dann nicht eine politische Richtungsänderung – eine Abkehr von der liberalen Großstadtpartei, die Eberhard Diepgen vorgestern beschworen hat?
Die Leute von „Union 2000“ sprechen immer von einer Erneuerung. Worum es dabei geht, haben sie jedoch noch nicht erwähnt. Daß sie sich von einer liberalen Großstadtpartei entfernen wollen, das haben sie offen zumindest noch nicht eingestanden.
Der Fraktionsvorsitzende Klaus Landowsky hat häufig betont, daß „Union 2000“ keine rechte Gruppierung sei. Teilen Sie seine Auffassung?
Ich muß Klaus Landowsky recht geben. Es gibt zwar den einen oder anderen Hitzkopf. Auch hat „Union 2000“ ihre Positionen in der Vergangenheit sehr pointiert dargestellt. Aber sehen Sie sich den Vorstand an: Rupert Scholz ist einfach ein konservativer Rechtspolitiker, Innensenator Schönbohm eben ein Quereinsteiger in die Parteienpolitik, mit einem ordnungspolitischen Sinn begabt. Wie sich Ingo Schmitt in diesen Vorstand eintakten wird, müssen wir eben abwarten.
Gehen Sie nach den Ergebnissen des Parteitages davon aus, daß das parteiinterne Kräftemessen weitergeht?
Bisher liefen die Auseinandersetzungen auf der Ebene des Landesausschusses. Es bleibt abzuwarten, ob das jetzt in den Landesvorstand getragen wird.
Es gibt allerdings auch viele Leute in dem neugewählten Vorstand, die dafür garantieren, daß wir vom Weg der liberalen Partei nicht abgehen.
Was hat sich denn Ihrer Meinung nach im neuen Vorstand verändert?
Im Querschnitt sind wir sehr viel jünger geworden. Na, und Jüngere gerieren sich oft sehr heißspornig, aber das wird sich bestimmt noch glätten. In dieser Stadt mit dieser kulturellen Vielfalt, aber auch diesen Spannungen kann man gar keine extreme Richtung einschlagen. Auch die CDU kann sich eine Abkehr vom bisherigen Kurs gar nicht leisten. Dafür werde ich mich im Parteivorstand einsetzen.
Die gesamte Wahlprozedur am Samstag hat gezeigt, daß sich die Mehrheitsverhältnisse in der Partei insgesamt verschoben haben. Wie wollen Sie mit diesem Widerspruch umgehen?
Was die Wahlen anging, hat sich rechts ein bestimmter Block konstant gezeigt. Sie haben Leute plaziert, die sich dem Block irgendwie zugehörig fühlen. Aber so geschlossen ist der Block gar nicht. Bei „Union 2000“ sind eben einige dabei, die sich ewig zu kurz gekommen fühlen; und ein paar ganz junge Hasardeure, die die Kreisverbände einen nach dem anderen gekippt haben. Ich nehme jedoch nicht an, daß dieser Richtungswechsel für die CDU insgesamt bestimmend sein wird. Interview: Barbara Junge
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