: Thomas Messer streifte durch die meisten Bremer Museen
„Es gibt in Bremen musuemsartige Institutionen von großer Vielfalt: Museen, Kunsthallen und kreative, kunstorientierte Institute und Sammlungen. Sie dienen dem Publikum in bemerkenswertem Ausmaß und in jeder Größe. Bildende Kunst ist ergänzt durch archäologische, ethnische, historische und Design-Dimensionen, wobei Überschneidung marginal bleibt, so daß man vor einem relativ wohltemperierten Ensemble steht. (...) Wie zu erwarten, bereitet die Verteilung von Mitteln Schwierigkeiten verschiedener Art.
ÄDoch ...Ü die hier vorgenommene Debatte über den relativen Wert von wissenschaftlicher Arbeit einerseits und Ausstellungsbetrieb andererseits ist schiefgestellt. Die Quantität im kulturellen Leben muß aus der Qualität herauswachsen, um legitimen Anspruch auf Publikumsinteresse zu erheben. Numerisch bedeutende Publikumspartizipation ist ohne Zweifel wünschenswert, kann aber nicht herbeigezaubert werden ...
Wo genau das Schwergewicht liegen soll und w sich ein jedes Museum die richtige Balance gestaltet zwischen den im Prinzip sich ergänzenden Dimensionen – dem Wissenschaftlichen, dem Konservatorischen, dem Ästhetischen, dem Didaktischen und dem Sozialen – ist natürlich zu erwägen, aber von innen nach auswärts, nicht umgekehrt, und immer getragen von der Vorbedingung, daß der Museumsinhalt entscheidend bleibt. In einem Kunstmuseum gibt es nichts wichtigeres als die Kunst selbst.
ÄFür ein MuseumÜ ist es erforderlich, daß ein inhaltsorientierter Direktor an der Spitze steht, der mit weit reichender Autorität ausgestattet ist ... Wo immer dieses Prinzip verletzt wird, findet eine Umkehrung der wahren Prioritäten statt, die nur schädliche Auswirkungen haben kann.
Auch soll hier betont sein, daß jegliche Spaltung der Museumsautorität an der Spitze (wie zum Beispiel Kunstleiter und Gechäftsführer auf gleicher Ebene) eine längst diskreditierte Scheinlösung darstellt und unbedingt vermieden werden soll – gar nicht zu sprechen von der Unterordnung des Kunstleiters einem Geschäftsführer gegenüber, ob innerhalb oder außerhalb der Anstalt selbst.
Das Bestreben nach einer über-institutionellen Koordination, die unter anderem mit der Verteilung von öffentlichen Geldern beauftragt ist, steht nun in Bremen zur Diskussion. Das existierende System beläßt die Geldverteilung in der Hand der politischen Führung. In der Sicht der Einzelinstitutionen ist diese Handhabung zwar nicht unanfechtbar, erweckt aber mehr Vertrauen und weniger Einschiebung einer Entscheidungsebene, die zwischen Geldgeber und den Anstalten stehen würde ...
ÄDochÜ die Einschaltung eines Geschäftsführers (wie dies in Amerika oft versucht wurde), als Mittelsmann zwischen der supremen Autorität und der Fachwelt ÄstelltÜ das ungünstigste aller Modelle ÄdarÜ.
Die geschäftliche Mentalität hat natürlich ihren Platz im Kulturleben ... Museen sind aber nicht dazu da, diese Erwartungen anders als im Dienste der Kernmission zu erfüllen und letztere müssen deshalb den zentralen Inhaltsforderungen untergeordnet bleiben ...
Auch die schließlich entscheidende, übergeordnete politische Autorität, ist schlecht beraten, wenn sie auf leitender Stelle einen Manager einsetzt, von dem man kein fachliches Denken und Handeln erwarten kann.“
Hervorhebungen im Original
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