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Schlichtwerk

■ Auch die Luschen kriegen einen Stich - die Sat.1-Serie "Die Unbestechliche" (21.15 Uhr)

Wie die alte Skatklopper-Regel soll die Sat.1-Programmstrategie funktionieren: Erst Trümpfe ziehen – was mit dem angetünchten, „König von St. Pauli“ rein quotenmäßig ja erst mal geklappt hat. Dann kriegen, weil's so schön war, auch die „Luschen“ noch einen Stich, und es wird ein Durchmarsch. Muß einfach.

Die Karte Maja Maranow als kreuzbrave „moderne Frau mit einem modernen Schicksal“ jedenfalls wird absichtlich jetzt erst ausgespielt, sagt Sat.1, obwohl man sie schon bald zwei Jahre im Keller zu liegen hat. Besser geworden ist sie davon nicht, dafür neu betitelt: Aus „Sylvia Brant, die Frau des Anwalts“ wurde fix „Die Unbestechliche“. Das „paßt besser“, meint Sat.1-Sprecher Dieter Zurstrassen treuherzig.

Die Geschichte um die unbestechlich-moderne Sylvia Brant, die als Mittdreißigerin erst unversehens zu einer alleinerziehenden Witwe und dann genauso unversehens zur Edel-Gerichtsberichterstatterin wird, ist von so ergreifender Schlichtheit, daß sich der Sat.1- Sprecher ganz sicher ist, „das bringt traumhafte Quoten“. Für Idee, Konzeption und das Einführungsstück „Zu dritt allein“, mit dem es heute unbestechlich losgeht, hat der Quotenmeister und Doktor der Philosophie, Dieter Wedel, höchstpersönlich zur Feder gegriffen. Regie-Routinier Franz- Peter Wirth machte daraus die längste Rama-Reklame der Welt, die dann alle 15 Minuten durch die wirkliche Rama-Reklame ergänzt wird, so daß sich zwei volle Stunden modernes Fernsehleben ergeben. Da ist dann aber auch alles drin: ein niedliches, manchmal vorlautes Kind, nette Onkels, ein fideler Opa, alberner Nachbarschaftsstreit, Tränen am Grab, eine mannstolle Freundin, Tennis, Journalisten- und Gerichtsstatisten, Reklame für eine Hamburger Springer-Zeitung, ein Polizeiskandälchen (bedauerlicher Einzelfall, natürlich!), rechte Jugendliche, böse Vorurteile, mit denen aufgeräumt wird, und schönes deutsches Liedgut: „...gib niemals auf.“

Als Einzelstich ist so ein Pfund natürlich undenkbar. Dürften da ja viel zu wenige Werbeinseln rein. Aber auch als Vierteiler, wie zunächst geplant, kam das nicht hin. Wenn in Wedels Produktionsküche Corona Film schon Karten gezinkt werden, dann richtig. So wurden es auch nicht sechs, sondern schließlich acht mal 90 Minuten, durch die sich außer Maranow als Stammbesatzung „Starkes Team“- Partner Florian Marten, Grandseigneur Martin Benrath und das Kind Jenni Stiebel nebst diversen TV-Stars in Gastrollen mühen müssen bis zum obligaten Happy- End. Ulla Küspert

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