: Der Telefon-Mann sucht neuen Draht zum Team
■ Mit Cheftrainer Reinhold Häußlein will die Triathlon Union wieder Erfolg statt Querelen
Oberstdorf (taz) – Viel ändern wird sich nicht für Reinhold Häußlein. Zwar darf sich der Mann aus dem schwäbischen Nürtingen ab Sonntag endlich ganz offiziell Cheftrainer der Deutschen Triathlon Union (DTU) nennen, einen all zu tiefen Einschnitt in sein Leben wird der neue Job aber nicht darstellen. Dafür füllt Häußlein (49) ihn zu lange schon aus, faktisch seit Jahresbeginn nämlich; den dazu passenden Titel bekommt er nur deshalb verspätet verliehen, weil die Telekom, sein bisheriger Arbeitgeber, ihren technischen Amtsinspektor erst ab 1. März beurlauben wollte.
Die Feuertaufe hat der neue Chef der deutschen Triathleten bei den Lehrgängen für den A/B-Kader in Saarbrücken und Oberstdorf bestanden, ziemlich erfolgreich, wie die Athleten versichern. Richtig hart trainiert wurde dabei – das ist normal bei Deutschlands Ausdauerdreikämpfern; ziemlich viel miteinander geredet zudem – das war zuletzt nicht immer der Fall bei der DTU.
Dort führte Bundestrainer Steffen Große, ein ehemaliger Leichtathlet aus dem Osten der Republik, ein Regiment, das selbst den eisernen Athleten zu eisern war. Von krassem Umgangston und Beleidigungen auch weit unter der Gürtellinie berichten die Sportler hinter vorgehaltener Hand; besonders deutich mit ihren Vorwürfen wurde Langstreckenweltmeisterin Ines Estedt (Neubrandenburg). „Große verheizt und verschaukelt die Athleten“, wetterte sie vor einiger Zeit, „vor ihm kann ich keinen Respekt mehr haben.“
Damit einher ging, daß dem erfolgsverwöhnten Verband auf dem Weg nach Sydney, wo die Kurzform des Triathlons (1,5 Kilometer Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren, zehn Kilometer Laufen) in zwei Jahren erstmals olympisch ist, der Erfolg abhanden kam. Wofür die WM im November vergangenen Jahres ein letztes, untrügliches Zeichen war.
Bei den Männern war Ralf Eggert (Hannover) als 14. bester Deutscher, bei den Frauen schnitt mit der Neubrandenburgerin Anja Dittmer ausgerechnet jene Athletin am erfolgreichsten ab – auf Rang sechs nämlich –, die Große im Vorfeld der WM wegen „mangelnder Leistung“ aus dem Kader hatte verbannen wollen.
„Er war in vorderster Linie nicht mehr zu halten“, sagt DTU- Präsident Martin Engelhardt, nicht ohne weiterhin die „fachmethodische Kompetenz“ Großes zu loben. Nach wie vor ein „absoluter Spitzenmann“ sei der, nur leider anscheinend unfähig zur Teamarbeit. „Er hat immer mehr an sich gezogen. Und wer immer mehr macht, macht auch immer mehr Fehler“, sagt der Mediziner aus Frankfurt.
Um bei Olympia kein Debakel erleben zu müssen, habe die DTU deshalb die Konsequenzen gezogen: Große wurde ins zweite Glied zurückversetzt, Reinhard Häußlein zum Cheftrainer ernannt.
Als „Triathlet der ersten Stunde“ bezeichnet sich der Nürtinger selbst, vor fünf Jahren nahm er, damals baden-württembergischer Landestrainer, sein erstes Amt bei der DTU an, „weil die jemanden für den Jugendbereich gebraucht haben“. Unter seiner Anleitung schafften es die deutschen Junioren und Juniorinnen in die Weltspitze, dorthin zurück will Häußlein nun auch die A-Kader- Athleten der DTU führen. „Bei Olympia jemanden aufs Treppchen bringen“, nennt er als sein Ziel, nicht zufällig hat er sich bis Ende des Jahres 2000 beurlauben lassen.
Als seine dringlichste Aufgabe sieht es der Mann von der Telekom, wieder einen Draht zu den Sportlern aufzubauen. „Ihr Vertrauen zurückgewinnen“, will er möglichst schnell, im Gegenzug dürfe es den zum Teil untereinander zerstrittenen Top-Athleten der DTU nicht mehr reichen, bester Deutscher zu sein, egal auf welchem Platz.
„Wir müssen wieder ein Team werden“, fordert Häußlein, jeder müsse bereit sein, für jeden zu kämpfen, gerade auf der Kurzstrecke, wo das Windschattenfahren erlaubt und mannschaftliche Geschlossenheit deshalb wichtig ist, um nach dem Schwimmen eine gute Ausgangsbasis fürs abschließende Laufen („Da haben wir wahnsinnige Defizite“) erradeln zu können.
„Bündelung der Kräfte“ nennt Häußlein das, auch in anderen Bereichen gilt bei ihm diese Losung. Mit Heim- und Landestrainern will er mehr, als das zuvor der Fall war, zusammenarbeiten; Spezialtrainer für die einzelnen Disziplinen, wie etwa Stefan Hetzer, ehemaliger Coach von Schwimm-Olympiasiegerin Kristin Otto, sollen fester in die DTU integriert werden.
Auch das Gespräch mit den Langstreckenhelden Thomas Hellriegel, Jürgen Zäck und Lothar Leder will Häußlein suchen. Die besten Deutschen wollten zuletzt nicht mehr allzuviel wissen von der DTU; sie gingen statt dessen lieber ihre eigenen Wege.
„Das sind doch vorbildliche Athleten“, sagt der neue Cheftrainer. Vor allem aber: Sie kennen den richtigen Weg zum Erfolg. Frank Ketterer
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