: Fatih-Moschee: „Christen und Juden sind unsere Partner“
■ Muslimische Gemeinde wehrt sich gegen Beschuldigungen des CDU-Innensenators Borttscheller / Tradition des Dialogs
„Die Arbeit von Abdul Kerim Sari ist für Bremen ein Gewinn“, mit dieser Entschiedenheit stellte sich gestern Helmut Haffner vom Vorstand der Deutsch-Israelischen Gesellschaft hinter den Sprecher der Bremer Fatih-Moschee. Zur Pressekonferenz, auf der sich die Vertreter der Moschee gegen die Vorwürfen des Bremer Innensenators Ralf Borttscheller wehren wollten, waren sowohl Pfarrer Heinrich Kahlert aus Gröpelingen, der gleichzeitig der Islam-Beauftragter der Bremer Evangelischen Kirche ist, wie der Sprecher der Katholischen Kirche in Bremen, Wilhelm Tacke, in die Fatih-Moschée gekommen.
„Wir sind weder fundamentalistisch noch extremistisch noch antidemokratisch und wollen auch nicht eine muslimische Gegengesellschaft erreichen,“versicherte Sari vor den Journalisten. Aus der Nähe zu der Islamischen Gemeinschaft „Milli Görüs“habe man nie einen Hehl gemacht, aber der Verfassungsschutz zeichne ein Phantom-Bild dieser Gruppe.
Zum Beleg berichtete Sari, was gerade die Fatih-Moschée in den letzten Jahren zum Dialog mit der deutschen Kultur getan habe: Schon 1979 habe die Fatih-Mo-schée Begegnungen mit der Evangelischen Kirche organisiert und einen „islamisch-christlichen Arbeitskreis“gegründet. Die Arbeit wurde 1980 im Fernsehn unter dem Titel „Ich bin ein Christ und ich ein Muselmann“dokumentiert. Drehort war die (alte) Moschée.
„Christen und Juden sind nach koranischem Verständnis Schriftbesitzer und damit Partner der Muslime“, erklärte Sari. Nach Abflauen des israelisch-palästinensischen Konfliktes habe Fatih die Vorsitzende der Israelischen Gemeinde, Elvira Noa, in die Moslemische Akademie eingeladen. Sari selbst hielt einen Vortrag in der Kirche „Unser Lieben Frauen“, er organisierte mit dem Rathaus zusammen 1997 die „Islam-Woche“. „Die Fatih-Moschée ist die erste islamische Gemeinde in Bremen gewesen, die den Landesrabbiner in die Moschée eingeladen hat“, sagt Sari stolz
Um so empörter war er über die Vorwürfe des Innensenators. Seit dem Januar 1997 habe man Borttscheller zweimal schriftlich in die Moschee eingeladen, sogar zu ihrem Ramadan-Essen – vergeblich.
Gerade weil die Fatih-Gemeinde die im Islam fest verwurzelten Türken in Bremen besonders anspreche, die in der Türkei von der verbotenen „Wohlfahrtspartei“repräsentiert werden, sei der Dialog mit der hiesigen Kultur wichtig, meinte Haffner von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft.
„Integration setzt Neugierde und Interesse voraus“, erklärte der evangelische Pfarrer Kahlert, auf der Seite der Fatih-Gemeinde sieht er die – auf der des Innensenators nicht. Der habe in seinem „Welt“-Interview auch davon geredet, daß diese Gemeinde „Assimilation ablehnt“. Als Christ müsse er akzeptieren, daß Muslime sich nicht „assimilieren“wollen, sondern sich in Deutschland integrieren wollen – mit ihrer Kultur. „Es gibt nun mal das Grundrecht der freien Religionsausübung“, formulierte Kahlert. „Wir sind dabei herauszufinden, wie das geht – Islam unter den Bedingungen des Grundgesetzes.“
Der Sprecher der Fatih-Gemeinde, Abdul Kerim Sari, hat auch eine ganz persönliche Erfahrung mit der Toleranz: seine Frau ist Kurdin. Er forderte Borttscheller auf, seine Anschuldigungen zurückzunehmen. Unabhängig davon „halten wir an unser Dialogbereitschaft fest“. Klaus Wolschner
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