: Ärger um virtuelle KandidatInnenkür
■ PDS in Prenzlauer Berg droht Parteivorstand mit Aufstand der Basis
Der PDS-Basis in Prenzlauer Berg reißt der Geduldsfaden. Nach einem Jahr erfolgloser Kandidatensuche für den Bundestagswahlkreis Mitte/Prenzlauer Berg ist die Wut der Bezirksbasis auf die „Findungskommission“ des Bundesvorstands nicht mehr zu übersehen. Auf einer Sitzung des Bezirksvorstandes am Donnerstag abend wurde sogar damit gedroht, einen eventuellen Kandidaten, der nicht mit dem Bezirk abgesprochen sei, durchfallen zu lassen. Auf einer Mitgliederversammlung soll die Bezirksbasis heute die Mitglieder für die Vertreterkonferenz Prenzlauer Berg/Mitte wählen, die die Kandidatur absegnen muß.
Die Wut der Basis hatte der Bundesvorstand in dieser Woche noch damit geschürt, daß PDS- Wahlkampfleiter André Brie angekündigt hatte, am kommenden Dienstag sämtliche Kandidaten für den Bundestagswahlkampf zu präsentieren – und somit auch jenen, der am 27. September gegen Wolfgang Thierse (SPD), Günter Nooke (CDU) und Marianne Birthler (Bündnisgrüne) ins Rennen gehen soll. Doch der ersehnte Wunschkandidat, so war zu erfahren, ist der Findungskommission einmal mehr abhanden gekommen. Von virtuellen Kandidaten hat die Basis nun ebenso genug wie von so manchen Hauruckideen der Kommission. „Wie weit wir schon gekommen sind“, echauffierte sich gestern ein PDS-Mitglied, „sieht man daran, daß Gregor Gysi am vergangenen Wochenende sogar Peter Michael Diestel wegen der Kandidatur angebaggert hat.“ Enfant terrible und Gysi-Mandant Diestel war für die CDU der letzte Innenmninister der DDR.
„Es kann doch nicht angehen, daß hier nur noch über Joker und nicht mehr über Inhalte diskutiert wird“, ärgert sich Mittes Baustadträtin Karin Baumert, die sich am Dienstag selbst ins Gespräch gebracht hat – um den Entscheidungsprozeß zu beschleunigen und zu signalisieren, daß eine Grenze erreicht ist, wie sie sagt. Immer mehr Stimmen an der Basis votieren unterdessen für die Berliner Landesvorsitzende Petra Pau. Der PDS-Bezirksvorsitzende in Prenzlauer Berg, Michael van der Meer, bestätigte, er werde von der Basis regelrecht gedrängt, sich für Pau stark zu machen. Von Pau aber ist bekannt, daß sie die PDS in den nächsten Abgeordnetenhaus- wahlkampf führen will. Als weitere mögliche Kandidatin der Basis ist außerdem die ehemalige DDR- Oppositionelle und jetzige PDS- Abgeordnete Marion Seelig im Gespräch. Barbara Junge/Uwe Rada
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen