Man trifft sich bestimmt wieder

■ Regierung, Arbeitgeber und Gewerkschaftsbund wollen über Beschäftigungspolitik sprechen. Gesamtmetall-Chef Werner Stumpfe: Das Verhältnis zur Gewerkschaft ist wie in einer "Ehe"

Bonn (taz) – Immerhin guten Willen möchte die Bundesregierung demonstrieren: Erstmals seit dem Scheitern des Bündnisses für Arbeit 1996 sprechen Regierungsvertreter wieder mit Arbeitgebern und Gewerkschaften über Beschäftigungspolitik. Kanzleramtsminister Friedrich Bohl (CDU) teilte gestern in Bonn mit, die Gewerkschaften und die führenden Wirtschaftsverbände hätten sich zu Treffen bereit erklärt, bei denen über die Ergebnisse des Beschäftigungsgipfels der Europäischen Union (EU) geredet werden soll. Zum ersten Treffen lädt Arbeitsminister Blüm am kommenden Mittwoch. Ob's was bringt?

Beim EU-Beschäftigungsgipfel im November war vereinbart worden, daß die Sozialpartner an der Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien beteiligt werden sollen. Beim nächsten EU- Gipfel im Juni, im britischen Cardiff, muß die Bundesregierung darüber berichten.

Im ersten Punkt der EU-Leitlinien heißt es, daß jedem Jugendlichen ein Ausbildungsplatz oder ein Job angeboten werden müsse, bevor er oder sie sechs Monate lang arbeitslos ist. Erwachsene sollen nicht länger als ein Jahr ohne Job sein. Für die Umsetzung dieser Forderung gilt eine Übergangsfrist von fünf Jahren. Im zweiten Punkt der Leitlinien wurde „die Entwicklung des Unternehmergeistes“ gefordert. Die Gründung und Führung von Unternehmen müßten erleichtert werden.

Ob die Treffen mit Arbeitsminister Blüm und anschließend mit den Ministern Rexrodt und Rüttgers zu diesen Punkten Konkretes bringen, ist allerdings zu bezweifeln. Zuletzt hatte die CDU/CSU- Fraktion ein besonderes Arbeitsbeschaffungsprogramm für Jugendliche gefordert. Danach sollte jedem jungen Arbeitslosen, der keine Lehrstelle fände, zumindest ein zweijähriges Praktikum in einem Unternehmen angeboten werden.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) erklärte gestern, nötig seien konkrete und nachvollziehbare Schritte vor allem zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Der DGB ist, wie auch der Arbeitgeberdachverband BDA und der Industrie- und Handelsdachverband DIHT, an den Ministergesprächen beteiligt. Kanzleramtsminister Friedrich Bohl und der DGB vermieden gestern, von einem neuen „Bündnis für Arbeit“ zu sprechen.

Gesamtmetall-Chef Werner Stumpfe forderte nichtsdestotrotz eine „neue Partnerschaft“ mit den Gewerkschaften. Er schlug gestern vor, mit der IG Metall gemeinsam neue Prozeduren zu erarbeiten, die Streiks vermeiden helfen. Der Freiraum zwischen „gütlicher Einigung und Arbeitskampf“ müsse mehr genutzt werden. Stumpfe verglich das Verhältnis der Arbeitgeber zu den Gewerkschaften mit einer „Ehe“. Auch da gebe es den „kleinen Unterschied“, sagte Stumpfe, ohne den Vergleich näher zu präzisieren. Barbara Dribbusch