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Noch ein kurzer Film über die Liebe

■ Neu im Kino: „Silvester Countdown“von Oskar Roehler / Romeo meets Julia again

Bestimmt hat sie ihn doch beschubst. Denn Julia lächelt immer so souverän. Sie wirkt dabei echt arrogant, findet Romeo. Das macht ihn eifersüchtig. Und hektisch. Und so uncool. Geahnt haben wir es ja schon länger: Wenn Romeo und Julia zusammenkommen, behalten sie nur ihre Namen bei. Ansonsten verwandeln sie sich in Othello und Desdemona. Ob sie sich nun auf der Bühne streiten oder in Oskar Roehlers Lowest-Budget-Film „Silvester Countdown“.

Die Gegenwart. Eine Wohnung in Berlin. Der Flur endlos, die Zimmer nahezu leer. Am Anfang ist noch fast alles gut. Denn Romeo und Julia machen sich an. Und heiß. Mitten im Winter. Nur einmal erschreckt Romeo seine Julia. Er bedroht sie mit einem Küchenmesser und jagt hinter ihr her. Nur so zum Spaß. Eine junge Liebe. Als Lebenshunger. Als bloße Gier nach Sex. Das kann nicht gut gehen. Und es geht auch nicht gut. Auch wenn den beiden immer neue Variationen einfallen, sich zu lieben. Doch sie stolpern nur in neue Varianten, einander zu quälen. Es ist tragisch.

Oskar Roehlers kurzer Film über die Liebe entstand nach einem Gedächtnisprotokoll. Der Drehbuchautor und Regisseur Oskar Roehler hat nach einer durchstrittenenNacht aufgeschrieben, was ihm noch in Erinnerung war. Der Rest muß sich dann fast von allein ergeben haben. Sieht man einmal davon ab, daß er den knapp 140.000 Mark teuren, inzwischen preisgekrönten Film selbst finanzieren mußte. Dafür sieht man diesem Film aber an, daß Roehler die „polnischen“Filme von Krzysztof Kieslowski schätzt. Und auch sein Kameramann Lorenz Haarmann muß sie schätzen.

Mit seiner Handkamera beobachtet er Romeo und Julia alias Rolf Peter Kahl und Marie Zielcke. Halb voyeuristisch, halb zum Fluchtergreifen nahe begleitet er die beiden in den Räumen ihrer Wohnung, dem Appartement eines Freundes, dem Sexshop in Warschau, wo die beiden Silvester verbringen und wo die wenigen Außenszenen des Films spielen.

Es ist ein Kammerspiel. Fesselnd, erschütternd, abstoßend und – manchmal komisch. Rolf Peter Kahl und Marie Zielcke spielen nicht, sie sind. Sie wirken verliebt im verliebten Blick, ehrlich im Haß und natürlich bis hin zum Stimmüberschlag im Streit. Allein das macht diesen 85-Minuten-Film sehenswert. Nur für frisch Verliebte ist „Silvester Countdown“nicht zu empfehlen. Aber wer ist bei diesem Wetter schon frisch verliebt?

Krzysztof Köster

„Silvester Countdown“läuft im Bremer Filmstudio

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