■ Kommentar: Hardraht, das Weichei
Seine liberale Strafvollzugspolitik kann Justizsenator Hardraht in seiner eigenen Behörde nicht durchsetzen. Ein Methadon-Programm für die drogensüchtigen Knackis hätte er gern, wenn seine Untergebenen ihn nur ließen. Nun hat er sich auf einen faulen Kompromiß eingelassen: Um die Betonfraktion im Justizapparat zu befrieden, darf Hardliner Hans Seemann weiter schalten und walten, wie ihm der politische Sinn steht.
Die Rehabilitierung Seemanns ist bereits der zweite Kniefall vor seinen Kritikern in den eigenen Behörden-Reihen: Ende Juli ernannte Hardraht Oberstaatsanwältin Marion Zippel, die beim Polizeiskandal die Ermittlungsverfahren gegen prügelnde Beamte einstellte, zur Abteilungsleiterin.
Daß Hardraht die Beförderung umstrittener Justizangestellter auch noch als gelungene Umstrukturierung des Sicherheitsbereichs verkaufen möchte, ist bestenfalls ein erbärmlicher Selbstbetrug. Vergessen sollte der wegen der Statt-Querelen schwächelnde Senator nicht, mit wem er sich da arrangiert. Nämlich mit rechtslastigen Justizniks, die es im Zweifelsfall mit den Rechten anderer nicht so genau nehmen.
Der um Machterhalt ringende Hardraht kann mit seinen Befriedungsmanövern nicht darüber hinwegtäuschen, daß er mit den Maulwurftätigkeiten seiner Gegner in der Behörde nicht fertig wird. Den liberalen Sprecher Weinert hat er schon geopfert. Ob der Betonfraktion die Brocken, die Hardraht ihr jetzt hingeworfen hat, genügen werden? Gelernt haben seine Widersacher jedenfalls: Hardraht mag sich „Herr im Haus“ ausgeben, er bleibt trotzdem ein erpreßbares Weichei. Silke Mertins
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