: Statt Partei glaubt SPD-Geduld am Ende
■ Zwei weitere Stattianer wollen austreten / „Modell Statt Partei gestorben“
Stattianer Dieter Obermeier hat bei seinen Bürgerschaftskollegen offenbar den Herdentrieb ausgelöst. Nachdem der Hüter des Heiligen Schwertes Parteidisziplin am Freitag seinen Austritt aus der Statt Partei ankündigte, erwägen auch die Abgeordneten Christian Bölckow und Georg Berg, ihr Parteibuch mit bestem Dank zurückzugeben.
Sauer ist die Statt-Fünferbande aus der Bürgerschaft deshalb, weil der Landesvorstand sich nicht zu einem Parteiausschlußverfahren gegen die Abtrünnigen Markus Wegner und Klaus Scheelhaase durchringen kann. Das sinkende Statt-Partei-Schiff befürchtet nämlich, noch mehr Mitglieder zu verlieren, wenn Parteigründer Wegner nebst Anhängsel Scheelhaase vor die Tür gesetzt werden.
„Es ist typisch für die Statt Partei, diese Unfähigkeit sich zu entscheiden“, schimpft Obermeier auf den Landesvorstand. Für ihn komme eine parlamentarische Arbeit unter der gleichen Parteiflagge wie das Wegner-Scheelhaase-Gespann nicht in Frage. Obermeiers Ziel: Die Fünferbande tritt geschlossen aus der Statt Partei aus und bietet sich der SPD als „die zuverlässigen Fünf“ an. „Ein anderer Weg kommt nicht in Frage, sonst gibt's die Gruppe Statt Partei nicht mehr“, macht Obermeier unmißverständlich klar. Christian Bölckow findet Obermeiers Austrittsabsichten schon mal ganz „vernünftig“. Und auch Georg Berg, der gestern aus dem Urlaub zurückkam, sagte gegenüber der taz: „Wenn abhauen der bessere Weg ist, bin ich dem durchaus zugeneigt.“ Schließlich sei „das Modell Statt Partei gestorben.“
Unglücklich ist indes Gruppensprecher Achim Reichert. Er für seine Person habe sich noch nicht entschieden. Dennoch gab er schon mal sein Credo preis: „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.“ Daß die SPD mit ihrer Geduld gegenüber dem Ko-operationspartner am Ende ist, weiß auch die Fünferbande selbst. „Ich möchte nicht in der Haut der SPD stecken“, bekannte Reichert, „deren Leidensbereitschaft ist erschöpft.“ Kollege Obermeier glaubt sogar, daß die SPD bereits Alternativen jenseits der Kooperation ausgearbeitet hat. „Viel fordern können wir von der SPD inzwischen auch nicht mehr“. Jetzt ist auch der Landesvorstand aufgeschreckt und stellte Reichert und Schicksalsgenossen gestern ein Ultimatum: Bis morgen 18 Uhr sollen sie sich „über den Umgang mit ihren Mandanten äußern“, pressemitteilte der verschnupfte Andre Becker.
Da freut sich Markus Wegner. „Eine beispiellose Offenbarung eines politischen Verrats“ seien die Austrittsabsichen. Und hat damit mal wieder eines erreicht: Seine Querulantenpartei macht ihrem Namen alle Ehre. Silke Mertins
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