: „Ist der Schwanz eine Frau?“
■ betr.: „Der Traum Frau“, taz mag vom 7./ 8.3. 98
Die Zeiten vorbei, da frau ihre Essays/Artikel/Bücher nicht veröffentlicht bekam – ihr überdimensionaler Anteil von hierzulande knapp zehn Prozent geht vielmehr wahrscheinlich bereits allen Frauen schrecklich auf den Keks. Vorbei auch die Zeiten, da Frauen sich eine mag-Ausgabe gewünscht hätten, um einmal viele Aspekte zum Thema zusammentragen zu können – von Klärung des Begriffes Krieg (früher Rote Hosen gegen Blaue Hosen, heute Massenmord an Frauen und Kindern); über Gleicher-Lohn-für-gleiche- Arbeit-hahahaha; zu Zwangsabtreibung weiblicher Föten in Indien mit Angabe von SpendenAdressen für FrauenFluchtplätze. Nein wirklich, bloß nicht so was in der taz. Themen aus FrauenSicht? Axbäx.
[...] Welche Erlösung, daß jetzt mit dem entzückenden LaberLaber der tazMänner ein Weg gefunden ist, um an solchen Tagen die Zeitung zu füllen. Bestimmt werden von nun an endlich auch alle Mütter ihren Töchtern ein taz-Abo schenken. Gerda Pogoda,
Landsberg am Lech
[...] Rein statistisch gesehen (wie Jens König es sagt) sieht es schon mal schlecht aus: Von zwölf Artikeln im taz mag beschäftigen sich sechs, also die Hälfte, mit Sex. Drei weitere Artikel konzentrieren sich auf Aspekte privater Beziehungen zwischen Männern und Frauen (zum Beispiel Zusammenleben oder Kindererziehung). Die übrigen drei Artikel handeln von Ähnlichkeiten zwischen Lesben und Schwulen, der Benutzung von „-Innen“, und einem sogenannten „Abc der TV-Frauen“, dessen Zweck mir unklar blieb.
Ich will damit gar nicht sagen, daß diese einzelnen Artikel schlecht geschrieben oder uninteressant sind (...). Ich frage mich eher, welcher Gesamteindruck sich dadurch ergibt. Die weitaus wichtigste Rolle der Frauen – jedenfalls nach Ansicht der Männer – scheint die im Bett zu sein. Was ist mit Frauen und Erwerbsarbeit? Was ist mit Gewalt gegen Frauen? Was ist mit Frauen und Macht, gerade wenn wir im Stern der letzten Woche lesen, daß in der Beraterrunde Gerhard Schröders, unter etwa 30 Leuten, nur drei Frauen zu finden sind – neben seiner Sekretärin und Büroleiterin?
Feminismus ist für Männer scheinbar nur interessant, wenn es um Sexualität geht. [...] Aber die taz hat auch Leserinnen (ohne großes I), die sich wahrscheinlich freuen würden, etwas mehr dieser ernsthaften Themen – von Männern geschrieben – zu lesen. Schade, daß daraus nichts geworden ist. Statt dessen sind die Männer bei ihrem Lieblingsthema geblieben.
Ja, es war ein interessanter Versuch. Aber er hat noch einmal bewiesen, daß Männer dafür noch nicht reif sind. [...] John Harbord, Bremen
[...] Welch ein Graus! Da war ich wirklich gespannt, Männer schreiben für Frauen. Hätten ja neue Aspekte sein können, frischer Wind – statt dessen: eine ganze Seite (man stelle sich den Reklameerlös vor) darüber, wie frau das beste Stück des Mannes am gefälligsten führt. Haben wir wirklich keine anderen Probleme?
Gibt es wirklich keinen lustvollen Umgang miteinander? Auch was da über Impotenzprobleme der Männer geschrieben wurde, brachte mich professionell (ich bin Frauenärztin und von daher gelegentlich mit der Thematik konfrontiert) kein Stück weiter. Schade um diese vergebene Chance und ein Armutszeugnis für die Autoren und Herausgaber. Corinna Vogt-Hell, Frankfurt
[...] Die Männer schreiben zum 8. März – und alles, was ihnen einfällt, ist Sex, Sex, Sex und ihre Probleme damit. Und daß die Emanzipation der Frau dem Mann doch sehr zu schaffen macht. Mann sieht oder besser liest – Frauen sind doch das stärkere Geschlecht. Arme Männerwelt!
Genau ein Artikel befaßt sich mit einer gesellschaftspolitischen Frage zum Thema Frauenemanzipation. Das verlorengegangene große I in der taz. Frauen kommen in taz-Artikeln nicht mehr vor. Wenn wundert es angesichts eines solchen Männerbeitrags zum 8.März. Zur Frauenemanzipation fällt den Männern nur Selbstbemitleidung ein. Arme, traurige Männerwelt. Heiko Hansen, Hamburg
Geliebte taz-Männer, mit dem taz-Magazin – Männer schreiben über Frauen – habt Ihr also, wie Ihr im Editorial schreibt, Euer Bestes gegeben? Heilige Mutter Gottes, hab Erbarmen mit diesen Männern!
Wenn man die Titelseite mit dem sexy Titelfoto nicht mitrechnet, beschäftigt Ihr Euch auf sieben von 13 Seiten mit dem Thema Sex. Das Thema Schwanz – Mittelpunkt des Mittelpunkts – füllt ganze drei Seiten. Männer schreiben über Frauen? Ist der Schwanz eine Frau?
Am bezeichnendsten fand ich die Überschrift „Das Schweigen der Männer“. Da beklagt der Autor, daß Männer nicht über Sex reden. Aber offensichtlich können sie über gar nichts anderes als über Sex reden, das Thema Frauen ist für sie vollkommen synonym mit Sex. Frauen sind Sex pur, Körper, Schönheit, Natur – ich dachte, wir wären schon weiter.
Was fehlt im Magazin (mit Ausnahme des schönen Artikels „Kurt liebt – und lieben heißt leiden“): Liebe, Haß, Kinder, Arbeit, Macht, Identität, Konflikte, Zukunft, Politik. Ihr habt das Schweigen der Männer verstärkt, nicht durchbrochen. Peter Meyer, Berlin
[...] Der Hinweis, daß diese Ausgabe ausschließlich von Männern produziert wurde, erübrigte sich völlig. Dies war auch so überdeutlich. Noch nie habe ich in der taz so viele Abbildungen nackter Frauen gesehen. Seltenheitswert hat ebenfalls das gehäufte Auftreten von Artikeln mit sexuellem Inhalt. Offensichtlich reduzieren auch taz- Männer die Frauen auf ihren Körper. Etwas Idiotischeres als die Rubriken „Woran erkenne ich eine Frau?“ habe ich selten gelesen. [...] Alice Feuser-Weyrich, Erkrath
[...] Mich interessiert weder, was Männer über TV-Moderatorinnen denken, noch die Anleitung, wie frau den Jungs einen runterholen soll (die hab' ich bereits mit 14 in der Bravo gelesen). [...] Über den geschlechtsspezifisch segmentierten Arbeitsmarkt und die gestiegene (Frauen)Arbeitslosigkeit ist dort genausowenig zu lesen wie über Frauenarmut und Kinderfeindlichkeit der Gesellschaft.
Wie erkenne ich also eine taz? Gar nicht. Wie anderswo auch, wird zum Thema „Frau“ weder über Politik noch über Patriarchat geredet, sondern über Sex. Da hätte ich mir auch gleich die Bravo kaufen können, die ist wenigstens witziger. Martina Bodenmüller, Münster
[...] Wenn die Bilder wenigstens neu, originell oder zumindest links wären! Wenn die Frauen auf den Fotos etwas mehr darstellten als „wie hat sie am hübschesten nichts an“. Wenn sich bis auf Christian Rath nicht ausnahmslos alle statt zum Geschlechterkampf zum Geschlechtskrampf geäußert hätten! [...] Wenn Ihr Lust auf ein Sex-Mag habt, dann macht eins. Aber nennt es dann bitte nicht „Frauen-Mag“. Und schenkt es mir bitte nicht ausgerechnet zum 8. März – wenigstens einen Tag im Jahr möchte ich mich daran sattlesen können, was es Neues unter dem Frauenhimmel gibt – und das hat mit Pennälerpimmeln herzlich wenig zu tun. [...] Ricarda de Haas, Berlin
[...] Eine Wochenendbeilage, die wirklich nichts zu wünschen übrig ließ! Schließlich wissen wir jetzt endlich, was Euch zuerst und zuletzt zu uns einfällt: Sex. [...] Auch in punkto Potenz sind wir jetzt auf neuestem Stand. Und erst die ganze Tragödie des Feminismus im allgemeinen und der akuten Lustlosigkeit im besonderen! Wir müssen Euch doch irgenwo übel mitgespielt haben, das nun dies dabei herauskommt.
Ja, die taz hilft Geld sparen: den Playboy können wir diesen Monat getrost am Kiosk lassen. Und freuen uns auf die Fortsetzung zum Muttertag. [...] Imke Marggraf, Aachen
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