: Demonstrant im Kosovo getötet
■ In Pristina protestieren 50.000 Menschen friedlich gegen die serbische Politik. Kinkel und Vedrine werden heute zu Gesprächen mit dem jugoslawischen Präsidenten Milosevic in Belgrad erwartet
Priština/New York (AFP/AP) – Unmittelbar vor einer neuen diplomatischen Initiative zur Beilegung des Konflikts in der serbischen Provinz Kosovo sind gestern bei einer Kundgebung ein Demonstrant erschossen und mehrere verletzt worden. Wie das Informationszentrum des Kosovo mitteilte, eröffneten Sicherheitskräfte das Feuer auf Protestierer in Pec, westlich Prištinas. Bei dem Getöteten handelt es sich den Angaben zufolge um einen 50jährigen Mann. Mehrere Augenzeugen bestätigten dies.
In der Provinzhauptstadt Priština hatten sich zuvor rund 50.000 Kosovo-Albaner zu einer Demonstration gegen die serbische Führung versammelt. Bei dieser Kundgebung, der größten gegen die serbische Führung, die es in Priština bisher gegeben hat, griff die Polizei nicht ein. Die Demonstranten waren einem Aufruf mehrerer Parteien der Kosovo-Albaner gefolgt. Sie ließen den von Serbien nicht anerkannten Präsidenten der Kosovo-Albaner, Ibrahim Rugova, hochleben. Außerdem riefen sie in Sprechchören „Drenica, Drenica“. In dieser Kosovo-Region waren bei Operationen serbischer Einheiten in den vergangenen Wochen mindestens 80 Menschen getötet wurden.
Die Befreiungsarmee des Kosovo (UCK) meldete sich gestern mit einem Boykottaufruf der für Sonntag angesetzten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Kosovo zu Wort. Die UCK erklärte, sie werde eine Wahl erst akzeptieren, wenn Kosovo befreit sei, wie die jugoslawischen Nachrichtenagentur Beta meldete. Eine unabhängige Bestätigung gab es dafür zunächst nicht. Die jugoslawische Führung erkennt die Wahlen im Kosovo nicht an.
Ebenfalls gestern traf der US- Balkangesandte Robert Gelbard in Priština zu einer neuen Vermittlungsrunde ein. Heute werden Bundesaußenminister Klaus Kinkel und sein französischer Kollegen Hubert Védrine in Belgrad den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević treffen. Am Dienstag hatte die Kontaktgruppe dem UN-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf für ein Waffenembargo gegen Jugoslawien vorgelegt. Mit der UN-Resolution soll die Führung in Belgrad zu Konzessionen gegenüber den Kosovo-Albanern gedrängt werden.
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