: Zerbombte Kindheit
■ Jugendliche aus dem ehemaligen Jugoslawien zu Gast in Hamburg
Im Krieg werden nicht nur militärische Ziele zerstört. Mit Schulen und Werkstätten wird auch die Zukunft der Jugend zerbombt. „Die Politiker lassen sich von uns nicht fragen, ob sie das alles gewollt haben“, kritisiert die 19jährige Jelena Lepotic. Sie engagiert sich seit fünf Jahren beim Roten Kreuz und gehört zu einer Delegation bosnischer, kroatischer und serbischer Jugendlicher, die gestern bei der „Evangelischen Jugend Hamburg“zu Gast war. „Besonders die Kinder leiden unter den Gewalteinwirkungen des Krieges“, hat die Sozialpolitikstudentin aus der serbischen Hauptstadt Belgrad beobachtet.
„Die Flüchtlinge in Bosnien leben teilweise zu acht in einem Zimmer oder in Lagern“, erzählt Jasmina Hasanefendic. Die wenigen Wohnungen seien total überbelegt. Die fünfzehnjährige Gymnasiastin floh während des Krieges mit ihrer Mutter nach Tuzla. „Meine Eltern haben damals entschieden, nicht ins Ausland zu gehen, um ihrer Heimat treu bleiben zu können“, erinnert sich Jasmina. Von sich selbst sagt die Gymnasiastin, sie habe vergleichsweise „Glück gehabt“, da ihre Familie in einem der wenigen nicht zerstörten Häuser lebe.
Die „Rückkehrer“aus Deutschland haben es nach der Meinung der Jugendlichen im ehemaligen Jugoslawien am schwersten. Ihre Wohnungen und Schlafplätze seien von anderen eingenommen worden. „Die meisten hoffen darauf, daß Verwandte sie aufnehmen oder erbetteln von ihnen etwas Geld.“Eine Arbeit zu finden, sei nahezu ausgeschlossen. „Und wie soll man den Kindern erklären, daß ihre Väter tot sind“, fragt der Kroate Andrej Barberic.
Die siebenköpfige Gruppe reist heute weiter zum internationalen Jugendkongreß „Kids for peace“in Osnabrück, der von terre des hommes und dem Jugendrotkreuz organisiert wird. „Wenn Versöhnung eine Chance haben soll, dann durch die Kinder und Jugendlichen“, erläutert Jugendpastor Rainer Fincke, der den Austausch zwischen Hamburger und bosnischen Jugendlichen organisiert. „Sie verständigen sich vorbehaltloser als Erwachsene.“ Lisa Schönemann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen