: Unterm Strich
Die Entscheidung für einen der vier Entwürfe zum Holocaust-Mahnmal in Berlin fällt vermutlich in der nächsten Woche. Davon geht die Initiatorin des Denkmals, Lea Rosh, aus. Sie werde sich in der nächsten Woche wieder mit Bundeskanzler Helmut Kohl in Berlin treffen, sagte sie am Freitag gegenüber dpa. „Wir werden uns für einen der vier Entwürfe entscheiden. Das ist auch die Aussage von Helmut Kohl, und es deutet nichts darauf hin, daß sich der Kanzler davon zurückzieht.“ In Reaktion auf die am Vortag publik gewordenen grundsätzlichen Einwände des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Eberhard Diepgen, sagte Rosh: „Ein Regierender Bürgermeister, der von Anfang an gesagt hat, er will keine Stadt der Scham und der Trauer, den frage ich wirklich, warum er dann nach Israel und zur Gedenkstätte Jad Vaschem fährt – das ist scheinheilig.“
Auch Michel Friedman vom Zentralrat der Juden in Deutschland wandte sich gestern gegen ein Infragestellen des Holocaust-Mahnmals. „So wie es nicht stimmte, daß man nach Auschwitz keine Gedichte mehr schreiben kann, stimmt es nicht, daß man kein Mahnmal zur Erinnerung an die Ermordung der europäischen Juden gestalten kann“, sagte er in einem Gespräch mit der Chemnitzer „Freien Presse“. Man müsse nur „demütig genug bleiben, zu wissen, daß man nicht alles optimal wird umsetzen können“. Bei allen Schwächen, die jedes Denkmal-Modell haben werde, sei die Tatsache, daß es ein Holocaust-Mahnmal in Berlin gebe, ein wichtiger Mosaikstein in der Perlenkette des Erinnerns.
Der Schriftsteller Erich Loest hat den Maler Bernhard Heisig in der Debatte um dessen Teilnahme an der künstlerischen Ausgestaltung des Berliner Reichstags in Schutz genommen. In einem Interview mit dem MDR nannte er die jetzt angekündigte Prüfung wegen Heisigs Mitgliedschaft in der Waffen-SS „völligen Unsinn“. Die Vergangenheit des Leipziger Malers sei seit Jahrzehnten bekannt und spiele für seine künstlerische Arbeit und seine politische Stellung überhaupt keine Rolle. Heisig sei als 16jähriger in die Waffen-SS gekommen. Loest sagte, er kenne die damaligen Verhältnisse und wisse, wie schnell das gegangen sei. Er und Heisig hätten nicht das Glück gehabt, in einem politisch reifen Elternhaus aufzuwachsen, das sie gewarnt hätte.
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