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Anerkannt und arbeitslos

■ Jugendsenatorin Stahmer streicht kurzfristig Anerkennungsjahr für SozialarbeiterInnen

Mehrere hundert angehende SozialarbeiterInnen, die derzeit ihr Berufsanerkennungsjahr absolvieren, stehen seit gestern auf der Straße. Die Behörden und freien Träger, bei denen sie vom 1. April an ihr zweites halbjähriges Praktikum absolvieren sollten, zogen die längst erteilten Praktikumszusagen in den vergangenen Tagen kurzfristig zurück. Damit entfällt für die betroffenen Studierenden der Alice-Salomon-, der Evangelischen und der Katholischen Fachhochschule nicht nur die Praktikumsvergütung von monatlich rund 1.500 Mark netto, sondern auch der anschließende Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Jugendsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) muß schon im laufenden Haushaltsjahr 9 Millionen Mark bei den Praktikumsvergütungen einsparen. Deren völliger Wegfall soll die Landeskasse bis zum Jahr 2002 um weitere 26 Millionen Mark entlasten. Deshalb beschloß das Abgeordnetenhaus Mitte März das Sozialberufe- Anerkennungsgesetz. An die Stelle des bisher siebensemestrigen Studiums, an das sich ein bezahltes einjähriges Berufspraktikum anschließt, soll künftig ein achtsemestriges Studium treten, in das unbezahlte Praktika integriert sind. Das gilt für alle Studierenden, die von diesem Sommersemester an ihr Studium beginnen. Die älteren Semester sollen bereits nach einem nur halbjährigen Berufspraktikum ihre staatliche Anerkennung erhalten.

Gegen die Integration der Praktika in das Studium hat die Rektorin der Evangelischen Fachhochschule, Meinhold, an sich nichts einzuwenden. Das Problem liege in der Übergangsregelung. Die Halbierung der Praktikumsdauer führe zu einem „Qualitätsverlust der Ausbildung“. „Besonders fatal“ sei die Lage für SozialarbeiterInnen, die sich bereits mitten im Anerkennungsjahr befinden und gestern ihr zweites Praktikum beginnen wollten. Sie stünden nun „vor dem Nichts“. Die Hochschule wolle in einem „Notprogramm“ so bald wie möglich die erforderlichen Kolloquien abhalten, um den Betroffenen wenigstens schnell zur staatlichen Anerkennung zu verhelfen. Zudem kündigte Meinhold an, die Studierenden würden gegen die Verletzung des Vertrauensschutzes klagen.

Ob die rabiaten Absagen den gewünschten Einspareffekt nach sich ziehen, steht in den Sternen. Durch das verlängerte Studium fallen höhere Bafög-Zahlungen an. Weitere Kosten entstehen dem Land, weil die SozialarbeiterInnen nach der Anerkennung künftig nicht mehr Arbeitslosengeld, sondern nur noch Sozialhilfe beziehen können. Gleichwohl hofft Stahmer „per Saldo auf deutliche Einspareffekte“. Ralph Bollmann

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