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Empfänger verzogen

■ Hamburg schob erstmals Algerier ab

Hamburg hat erstmals einen Flüchtling aus Algerien abgeschoben. Rachid Baroudi wurde am 27. März zwangsweise in das nordafrikanische Bürgerkriegsland ausgeflogen, wie erst jetzt bekannt wurde – durch einen Zufall. Ein Bekannter hatte ihm einen Brief in das Untersuchungsgefängnis am Holsten-glacis gesandt, in dem er in Abschiebehaft saß. Der Brief kam zurück mit dem zynischen Vermerk: Empfänger verzogen.

Der Beschluß, Baroudi abzuschieben, fiel im hessischen Heppenheim. Die dortige Ausländerbehörde war für ihn zuständig, weil er nach seiner Einreise in die Bundesrepublik nach Hessen verteilt worden war und seinen Asylantrag in Heppenheim gestellt hatte. Mittlerweile lebte er jedoch in Hamburg. Hessen bat die Hansestadt deshalb um „Amtshilfe“. Sein Abflughafen hieß Hamburg-Fuhlsbüttel. Die hiesige Ausländerbehörde weist die Verantwortung von sich. „Wir sind an den Beschluß des zuständigen Landes gebunden“, sagt Sprecher Norbert Smekal. Die Argumentation stimmt, hat jedoch einen Schönheitsfehler.

Als Baroudi bereits eine Woche zuvor ins Krisengebiet ausgeflogen werden sollte, schnitt er sich die Pulsadern auf. Ein Suizidversuch ist aber nur dann ein Abschiebehindernis, wenn der Flüchtling weiterhin als selbstmordgefährdet gilt. Und darüber entschied nicht die hessische Ausländerbehörde. Die wurde über den Selbstmordversuch nicht einmal unterrichtet, denn die Akte über die Modalitäten der Abschiebung führt allein Hamburg. Und es war die Hansestadt, die den Rückflug für zumutbar erklärte. Smekal: „Er wollte sich ja gerade verletzen, um das zu verhindern.“

Elke Spanner

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