: Darf nicht -betr.: "Mit einem blauen Auge davongekommen", taz-Hamburg vom 9./10.4.1998
Wir, die Anwälte von Frau Neri M., weisen die Behauptung des Sprechers des Einwohnerzentralamtes, Norbert S. entschieden zurück, von der Mißhandlung habe die Behörde nichts gewußt.
Unsere Mandantin wurde am 27. März 1998 von der Polizei festgenommen. Die Festnahme erfolgte auf ihrer Arbeitsstelle.
Am 28. März 1998 konnte ich unsere Mandantin in Abschiebehaft besuchen. Es gelang dem Kollegen M. Erdem, unsere Mandantin aus der Abschiebehaft herauszuholen. Bereits an diesem Tage wurde zur Akte erklärt, daß unsere Mandantin von ihrem Ehemann mißhandelt worden ist. Es wurden auch Härtefallgründe unserer Mandantin vorgetragen. Aufgrund dieser Umstände sowie Auftreten anwaltlichen Beistandes konnte unsere Mandantin aus der Abschiebehaft entlassen werden unter der Auflage, daß sie sich am Montag bei der zuständigen Abteilung der Ausländerbehörde meldet.
Unsere Mandantin suchte am 30. März 1998 die Ausländerbehörde in Begleitung ihres Bekannten auf. Dabei hatte sie auch erneut den umfangreichen Schriftsatz bei sich, aus dem hervorging, welche Härtefallgründe bei ihr vorliegen, um mindestens eine Duldung für sie erteilen zu können.
Unsere Mandantin versuchte mehrfach, den in ihrer Hand befindlichen Schriftsatz der Anwältin Mentges dem Sachbearbeiter zu übergeben. Die Sachbearbeiter lehnten die Annahme dieses Schriftsatzes ab. An diesem Tage wurde unsere Mandantin zwischen den einzelnen Abschnitten der Behörde hin und her geschickt.
Man gab ihr erneut für den 31. März 1998 einen Termin bei der Behörde. Als unsere Mandantin am nächsten Tag dort erschien, war sie fassungslos, als sie merkte, daß ihr Ex-Mann auch anwesend war.
Man teilte ihr mit, daß sie jetzt abgeschoben werden würde. Die Mandantin wollte mit ihren Anwälten reden. Dazu kam es nicht. Die Ausländerbehörde weigerte sich, daß die Mandantin mit den Anwälten telefonieren kann.
Man setzte sie in ein Fahrzeug, fuhr sie nach Hause und sie mußte ihre Siebensachen packen. Dann brachte man sie zum Flughafen und übergab sie dem Bundesgrenzschutz zur Vollendung der Abschiebung. Der Ex-Ehemann sowie die Ausländerbehörde haben alles daran gesetzt, sie außer Landes zu schaffen.
In diesem Fall handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Wir erleben tagtäglich in unserem Beruf, wie Frauen und auch Männer von der Ausländerbehörde, ohne diese anzuhören, aufenthaltsbeendende Maßnahmen einleiten.
Wie dieser Fall zeigt, werden in dem Ausländergesetz noch vorhandene Spielräume immer wieder zu Ungunsten der Hilfesuchenden ausgelegt.
Obwohl die Neuregelung des §19 AuslG. seit 1. November 1997 gilt, wurde auf der Grundlage dieser Vorschrift für unsere Mandantin eine Ausweisungsverfügung am 10.12.1997 erlassen.
In einem rot-grün regierten Bundesland darf es nicht sein, die zügige Abschiebung von Immigranten durchzuführen. Wir erwarten von dieser Landesregierung, daß die Spielräume des Gesetzes zugunsten der hier lebenden Immigranten ausgelegt werden.
Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen Mahmut Erdem / Marie Elisabeth Mentges
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