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Berliner Polizei mit Radetzkymarsch

■ Neue Vorwürfe gegen Berliner Polizei wegen des Castor-Einsatzes in Ahaus

Berlin (taz) – Für die Polizisten aus Nordrhein-Westfalen war morgens um sechs die Welt nicht mehr in Ordnung. Mit dem Radetzkymarsch wurden sie unsanft aus dem Schlaf gerissen. Den tuteten die Berliner Kollegen über die Außenlautsprecher ihrer Einsatzfahrzeuge, als sie nach erfolgreicher Schlacht gegen die Demonstranten vom Castor-Einsatz zurückkehrten. Berliner Polizisten im Radetzky-Rhythmus – das ist nur einer von zahllosen Vorfällen, die der nordrhein-westfälische Innenminister Franz-Josef Kniola (SPD) in einem gestern bekanntgewordenen Schreiben an seinen Berliner Kollegen Jörg Schönbohm (CDU) auflistet. In einem beigefügten Bericht eines Münsteraner Polizeiführers wird das Verhalten der Berliner Polizeiführung so charakterisiert: „unbesonnen, konzeptlos, nicht professionell und aggressiv“. Die Beamten waren mit drei Hundertschaften am Castor-Einsatz beteiligt, DemonstrantInnen hatten ihnen bereits besondere Brutalität bescheinigt.

Nachdem das Schreiben Kniolas gestern bekannt wurde, reagierte der Berliner Innensenator verärgert auf das „unkollegiale“ Verhalten des Kollegen aus Nordrhein-Westfalen. „Ich kenne keinen Fall, bei dem ein Minister die Polizei eines anderen Bundeslandes beschimpft“, so Schönbohm.

Dies wies der innenpolitische Sprecher der NRW-SPD, Jürgen Gensch, zurück. Das Problem sei, daß die Berliner Polizeiführung offenbar noch nichts von Deeskalation gehört habe. Das Verhalten der Radetzky-Rambos wird Thema der nächsten Innenministerkonferenz sein. Uwe Rada

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