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Two Sophisticated Ladies

■ Aki Takase und Kimikoh Itoh spielten im KITO – von Free-Jazz-Clustern abgesehen – einen sehr japanisch-kultivierten Jazz

Jazz für Damen – ist das nicht ein Widerspruch in sich? Diese Frage drängte sich am Freitag abend im KITO förmlich auf, als man Aki Takase und Kimikoh Itoh in feierlicher, schulterfreier Abendgarderobe auf der Bühne sah. Und prompt begannen sie ihr Konzert mit einem Ellington-Medley, dessen Kernstück ihr Credo zu sein schien: „Sophisticated Lady“– heute auf japanisch und im Doppelpack.

Die Sängerin Itoh bemühte sich zuerst eifrig, so wie Ella Fitzgerald zu klingen, und ihre „beste Freundin“begleitete sie dazu ganz traditionell am Piano. Aber waren die Übergänge zwischen den Songs nicht harmonisch sehr gewagt und undamenhaft frei? Und wurde das „If it ain't got that swing“nicht mit einigen sehr modernen und raffinierten Rhythmusverschiebungen gewürzt? Ganz so simpel und konventionell wie ihre Abendkleider klangen die beiden japanischen Musikerinnen nun gewiß nicht. Aki Takase hat sich nicht umsonst einen Namen als eine eher mit dem Free Jazz sympathisierende Pianistin gemacht, und so waren schon beim zweiten Stück des Abends einige (sehr kultivierte) Cluster zu hören, und Kimikoh Itoh verwandelte den Song „Walking-Talking“von Carla Bley in eine kleine Performance, indem sie ihn entsprechend gehend und redend vortrug.

Die Leichtigkeit, mit der die beiden Musikerinnen jeweils das Korsett der traditionellen Songform ablegten, sich bei ihren Improvisationen in viel freiere Tongewänder hüllten, aber dann doch wieder sehr elegant in die Lieder zurückfanden, gaben dem Konzert eine ganz eigene Spannung. Da gab es schöne, raffinierte Übergänge – etwa von den schrägen Pianoläufen Thelonious Monks in sein mit viel Emotion gesungenes „Round Midnight“, oder wenn Aki Takase mit Carla Bleys „Ida Lupino“kurz eine Ballladenstimmung anspielte, die Kimikoh Itoh dann mit Gershwins „I Love You Porgy“bis an die Grenzen der Rührseligkeit ausmelken konnte.

Fast mädchenhaft albern waren die beiden Frauen dagegen nach der Pause bei einem Singsang auf japanisch, zu dem sie die Saiten des Flügels mit Tischtennisbällen und Blechschälchen bewarfen und belegten, so daß jeder Ton aus dem derart präparierten Piano unberechenbar und merkwürdig klang. Das Material von Komponistinnen und Thelonious Monk spielten die beiden offensichtlich am liebsten, und als Itoh die Lyriks von Joni Mitchell zu Monks „Porkpie Hat“sang, konnten sie diese beiden Vorlieben sogar in einem Song vereinen.

Als Zugabe gab es dann noch als schönes Wiegenlied eine japanische Volksweise. Emotionell war dies ein passender (und sehr damenhafter) Rausschmeißer, aber in der Form perfekt wäre das Konzert gewesen, wenn die beiden Japanerinnen einen programmatischen Gegenpol zum Beginn gesetzt und mit „That's why the Lady is a Tramp“geendet hätten.

Wilfried Hippen

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