Mühevoll erkämpft

■ Überlebende: Auch Jugendknast verlegen

„Wir mußten jeden Schritt erkämpfen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.“ Für Fritz Bringmann, Vizepräsident der „Amicale Internationale KZ Neuengamme“ (AIN) ist die geplante Verlegung der Justizvollzugsanstalt (JVA) kein Grund, sich zur Ruhe zu setzen. Die Organisation ehemaliger Häftlinge formuliert bereits ihre Vorstellungen, wie die freiwerdende Fläche genutzt werden könnte.

Zwar ist die Amicale gegen eine Rekonstruktion der Baracken und des Krankenreviers. Die Verbrechen jedoch, die Menschenversuche, die Morde und die „Vernichtung durch Arbeit“ sollen an Ort und Stelle dargestellt werden, ebenso wie die Verhältnisse in den Außenlagern. „Das zu realisieren, wird schwierig“, prophezeit Bringmann. Fünf Jahrzehnte Verhandlungen mit Hamburgs Senat haben ihn skeptisch werden lassen.

Schon die Errichtung des ersten Ehrenmals in Neuengamme 1953 erfolgte nur auf massiven Druck ausländischer Überlebender und ihrer Regierungen. Denn der Hamburger Senat hatte gleich nach dem Krieg geplant, „die Erinnerung an das KZ auszulöschen“, indem er den „menschlichen Strafvollzug“ dort einquartierte, erinnert sich Bringmann. Um eine „würdige Gedenkstätte“ durchzusetzen, schlossen sich die Überlebenden 1958 zur „Amicale Internationale“ (Internationaler Freundeskreis) zusammen. Sieben Jahre später wurde die Gedenkstätte eingeweiht – sah aber bei weitem nicht so aus, wie die ehemaligen Häftlinge es sich gewünscht hatten.

So sind beispielsweise die Namen der Firmen, für die sie schuften mußten, nirgendwo eingraviert. Über die Jahre habe man die Stätte trotzdem akzeptiert, sagt Fritz Bringmann. „Wir standen immer vor der Wahl: Den Spatz in der Hand oder die Taube auf dem Dach.“

Nur langsam und mühevoll konnte die AIN ein Ziel nach dem anderen verwirklichen: nach dem Ehrenmal das Informationszentrum, dann die Verlegung der JVA. Im September wollen die Überlebenden über weitere Forderungen beraten. Eine wird sicher die Verlegung der Jugendstrafanstalt sein, die auf dem Gelände bleiben soll, erklärt Bringmann: „Irgendwann können wir uns nicht mehr zu Wort melden. Und ob das, was wir bis dahin nicht geschafft haben, noch umgesetzt wird?“

Heike Dierbach