: Schon wieder ein Brandanschlag
Erneutes Attentat auf die Christians-Kirche in Ottensen. Wie schon im Juni vorigen Jahres zum Glück nur geringer Sachschaden ■ Von Kai von Appen
Als Gemeindepastor Frank Howaldt gestern vormittag in seine Kirche ging, erschrak er heftig. Brandgeruch hing in der Luft. Zum zweiten Mal innerhalb von elf Monaten haben unbekannte Täter versucht, die 1739 erbaute und denkmalgeschützte evangelische Chris-tians-Kirche am Ottenser Marktplatz in Brand zu setzen.
Beim erneuten Anschlag in der Nacht zum Montag gingen die Täter nach dem gleichen Muster wie in der Nacht zum 4. Juni vorigen Jahres vor. Diesmal schlugen sie eine Scheibe am Südportal ein und warfen einen Molotowcocktail auf die Holztreppe im Vorraum, der aber nicht explodierte. Um den Brand zu beschleunigen, schmissen sie noch eine brennende Bravo in das verlaufene Benzin.
Es gab nach ersten Einschätzungen der Brandermittler zwar eine Stichflamme, die aber nur geringe Brandschäden an der Treppe verursachte. Das Feuer verpuffte offenkundig nach kurzer Zeit, so daß die Katastrophe ausgeblieben ist. „Wenn sich die Flammen die Treppe hochgefressen hätten, hätten sie unmittelbar auf das Kirchenschiff übergegriffen“, glaubt der Sprecher der evangelischen Kirche, Volker Gilbert, an das Glück im Unglück.
Das „spiegelverkehrte Vorgehen“ der Täter zu den Zündlern vom vorigen Jahr ist verblüffend. Damals hatten Unbekannte die Scheiben des Nordportals zerschlagen und einen Brandsatz gegen die Kirchentür geworfen, der ebenfalls nur geringen Schaden anrichtete. Damals hatten die Täter aber ihre Visitenkarte in Form von Hakenkreuz-Schmierereien, SS-Runen und Satanskult-Symbolen zurückgelassen. Gestern hinterließen die Brandstifter keinerlei Bekennerautogramme. „Es spricht aber alles dafür, daß es dieselben Leute waren“, vermutet Pastor Howaldt, der seit fünf Jahren in der Christians-Kirche predigt.
Trotzdem kann Howaldt sich die Hintergründe des doppelten Anschlags nicht erklären. „Wir sind eine geistlich und kulturell lebendige Gemeinde, wir sind aber nicht durch provozierende Aktivitäten wie Kirchenasyl-Arbeitskreise in Erscheinung getreten“, so Howaldt zurückhaltend gegenüber der taz. „Wir stehen nicht in der ersten Reihe der progressiven Kirchen.“ Schon nach dem Attentat im vorigen Jahr hatte seine Kollegin Susanne Zingel vermutet, daß der Brandanschlag eher „der Institution Kirche“ als direkt der betroffenen Gemeinde gegolten habe.
Der Probst des Kirchenkreises Altona, Fritz Herberger, reagierte gestern erschrocken und ratlos auf den Anschlag. Herberger: „Bislang haben wir keine Erklärung für diesen wiederholten Anschlag.“
Wegen der möglicherweise rechtsradikalen Motive der Brandstifter hat der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen.
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