Das Patentamt wird dem Parlament nicht folgen

■ Die neue EU-Richtlinie könnte für Konfusion sorgen, weil sie dem Patentübereinkommen widerspricht. Doch die Saatgutfirmen wollen Druck auf 19 europäische Länder ausüben

Berlin (taz) – Für die Biotech- Industrie ist die Verabschiedung der Patentrichtlinie nur ein Etappensieg. Anstatt mehr Rechtssicherheit und eine Harmonisierung des europäischen Patentrechts wird die EU-Richtlinie erst einmal für mehr Konfusion sorgen. „Unsere Patentrichter sind ausschließlich dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) verpflichtet“, erläutert Rainer Osterwalder, Pressesprecher beim Europäischen Patentamt EPA, die verzwickte Rechtssituation. Die EU- Gremien sind für die Münchener Patentbehörde nicht zuständig und können ihr auch nicht vorschreiben, den Patentschutz auf Pflanzen und Tiere auszuweiten.

„Die EU-Patentierungsrichtlinie steht eindeutig im Widerspruch zu dem Patentübereinkommen“, kritisiert die Europaabgeordnete der Grünen, Hiltrud Breyer, die Parlamentsentscheidung. „Bisher hatte die EU-Kommission immer behauptet, es gäbe diesen Widerspruch nicht“, so Breyer. Erst vor kurzem hätte die Kommission zum ersten Mal in einem Schreiben zugegeben, daß Richtlinie und EPÜ nicht übereinstimmen.

Damit die Richtlinie in nationale Gesetze umgesetzt werden kann, muß erst das Patentübereinkommen geändert werden. Das ist aber nur möglich, wenn alle 19 Unterzeichnerstaaten die Änderung mittragen. Dänemark zum Beispiel hat sich bisher schon geweigert, Tierpatente anzuerkennen. Auch Norwegen und die Schweiz werden sich voraussichtlich gegen eine Änderung des EPÜ aussprechen. Christian Guggerell, der beim Münchener Patentamt zuständige Direktor für Gentech-Patente, hält es für ausgeschlossen, daß es in den nächsten zwei Jahren zum Beispiel Patente für Pflanzensorten geben werde. Die Biotech- Industrie hat sich darauf schon eingestellt, daß noch einige Hürden zu überwinden sind, bis auch Pflanzen und Tiere in Europa unter den Patenschutz fallen dürfen.

In der Fachzeitschrift Nature Biotechnology kündigte Peter Lange von der Kleinwanzlebener Saatzucht (KWS), dem größten deutschen Saatzuchtunternehmen, vor kurzem an, daß der „politische Druck“ schon für eine Angleichung des Patentübereinkommens an die gestern verabschiedete Richtlinie sorgen werde. Wolfgang Löhr