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City-Hübner, City-Frühstück, Citi-Bank

■ Was ein Hamburger Künstler gegenwärtig so treibt, der sich „4000“ nennt

„Ich wollte mal wissen, was macht der jetzt wieder kaputt?“ sagte ein Besucher der „Sommerausstellung“ des Malers mit dem Künstlernamen 4000 am Freitag abend. Doch in dem Ausstellungsraum in der Karolinenstraße 12 geht es weniger destruktiv zu als partymäßig. Immer wenn eine Serie von Bildern fertig ist, machen dort junge Künstler einen Verkaufsabend – und genau das ist ja auch eine Vernissage im alten Wortsinne.

So wie die Bilder sind auch die Ausstellungen ziemlich spontan: „Ich will nicht alles durchplanen, sonst ist der 9. September die nächste Möglichkeit zur Eröffnung, wenn ich heute Lust habe“, sagt 4000, dessen richtiger Name hier nichts zur Sache tut (auch nicht in Klammern). Schon die regelmäßigen Öffnungszeiten der einstigen Keimzelle der Bewegung, des „Art-Store“ in der Wohlwillstraße, sind ihm zuwieder. Und so haben 4000, SAM und Karen Koltermann ihren eigenen Laden aufgemacht. Da die Bezeichnung „Bo-heme“ historisch besetzt ist, die Worte „Avantgarde“ oder „wild“ auch schon verbraucht sind, blieb der einstige Werbespruch „Cheap-Art“ irgendwie an ihnen hängen. Und jetzt nutzen die Künstler den Begriff als Markenzeichen für ihre Mischung aus Idealismus, Kaufmannsgeist und Liebe zur Sache.

„Es ist doch einfach vernünftig, sein Zeug billig an die Leute zu bringen“, sagt 4000 mit Betonung auf „vernünftig“. Und es funktioniert: Mehrere Verkäufe konnten am Freitag schon bald mit Bleistift an die Wand geschrieben werden. Dabei haben 4000 und Co tatsächlich eine neue Käuferschicht erschlossen. Der Herr aus der Werbebranche betrachtet beispielsweise angeregt die Farbzeichnung Amsel auf Ampel. Er sieht in 4000 das wichtigste Hamburger Talent. Zwischen der Werbewelt und dem Künstler kann man sogar einige gemeinsame Punkte finden: so in der Überzeugung, daß der Rubel rollen muß, und in der schnellen Umsetzung der Ideen.

Im Augenblick faszinieren 4000 die Bezeichnungen um den Begriff „City“. In einer Serie grauer Schriftbilder kommentiert er malerisch und in der Wahl der Schrift City-Stube, City-Hübner oder die Citi-Bank. „Da gibt es noch massenhaft seltsame Worte, neulich habe ich „City-Frühstück“ gefunden“, sagt 4000. „Die Worte sind doch interessant, und schließlich kann man eine Bank nicht malen.“ Ansonsten fehlt es ihm nicht an bildnerischem Zugriff auf alle Stile, sei es die heroische Pose ehemaliger Ostkunst in der ironischen Zeichnung Wissen ist Macht oder die farbige Abstraktion in der Serie der Streifen-Bilder auf dem Holz alter Möbeltüren. Hajo Schiff

Nächster Ausstellungstermin: 4. August.

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