: Die Detektive aus der Mitwohnzentrale
■ Wohnraumvermittlung bedient sich auf zweifelhafte Art aus den Konten ihrer Kunden
Cordula B. traute ihren Augen nicht. Als die junge Berlinerin auf ihren Kontoauszug blickte, fehlten 772 Mark. Abgehoben von der am Hamburger Schulterblatt ansässigen Mitwohnzentrale MWZ – Wohnen auf Zeit. „Die haben einfach für eine Wohnungs-Vermittlung kassiert, die nie stattgefunden hat“, klagt Cordula B.
Am 13. März hatte sich die aus Minden stammende Frau an die Mitwohnzentrale gewandt, weil sie ab April ein Zimmer in Hamburg suchte. Nach Auskunft der Mitwohnzentrale (MWZ) erhielt sie daraufhin 5 Angebote. Doch Cordula B., deren offizielle Postanschrift noch immer in Berlin ist, beteuert, daß „eine erfolgreiche Vermittlung nie zustande“ kam. Eine ursprünglich ausgestellte Einzugsermächtigung hätte sie samt dem Vermittlungsvertrag bereits am 16. März wieder gekündigt.
Trotzdem machte die MWZ von der Ermächtigung Gebrauch und genehmigte sich am 18. Mai die 772 Mark Vermittlungsgebühr vom Konto ihrer Kundin. Cordula B.: „Die Mitwohnzentrale nimmt sogenannte Postanschriftüberprüfungen bei den Wohnraum-Suchenden vor. Sie verschickt an die Adresse der Wohnungsanbieter Zahlungs-Aufforderungen an die Suchenden. Kommt der Brief nicht mit dem Hinweis 'Empfänger unbekannt' zurück, liegt für die Wohnraum-Vermittler der Nachweis für eine eine erfolgreiche Vermittlung mit anschließender Provisionshinterziehung vor. Danach wird per Einzugverfahren abgebucht.“
Zwar bestreitet die MWZ-Kundenbetreuerin Lioba Nordhoff, daß Cordula B. „Vermittlungsvertrag und Einzugsermächtigung gekündigt“ habe, im Prinzip bestätigt sie aber die Vorwürfe: „Wir müssen uns davor schützen, daß unsere Kunden eine erfolgreiche Vermittlung nicht melden, um die Provision zu sparen“. Mit Anschriftenprüfungen, Kontrollanrufen „und anderen Methoden“ würde die MWZ deshalb in detektivischer Kleinarbeit prüfen, welche Zeitmietverhältnisse durch ihre Vermittlung zustande gekommen seien.
Lioba Nordhoff: „Wenn eindeutige Indizien vorliegen, daß eine erfolgreiche Vermittlung nicht gemeldet wurde, ziehen wir die uns zustehende Provision ein“. Wenn sich die Indizienkette später als lückenhaft erweise, „überweisen wir das Geld eben wieder zurück“.
Doch zu solch unberechtigten Abbuchungen komme es „nur in ganz seltenen Einzelfällen“. „Wir kommen den unehrlichen Kunden in der Regel nur auf die Spur, wenn sie sich besonders blöde anstellen. Viel häufiger passiert es, daß uns die Vermittlungsgebühr durch die Lappen geht“. Immerhin: Die MWZ zog inzwischen gegenüber Cordula B. die Behauptung zurück, sie habe einen „Mitwohn-Betrug“ begangen. Auf die Rückzahlung der vermeintlichen Vermittlungsgebühr allerdings wartet die Berlinerin noch immer. Marco Carini
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