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Friedensmission „Deutschland“

Aufgeschlossen und weltoffen sollen sie sein, die Passagiere des Luxusliners „Deutschland“, der heute auf Jungfernfahrt geht  ■ Von Stefan Tomik

Zahnbürste und Kreditkarte reichen aus. Mehr als diese zwei Dinge braucht es nicht, will man eine Kreuzfahrt auf dem neuen Luxusliner „Deutschland“ antreten. Vorausgesetzt natürlich, das eigene Konto weist die entsprechende Deckung auf. Denn eine 163-tägige Weltreise kostet exakt 165.900 Mark pro Person, sofern man in der Grande-Suite (30 Quadratmeter) an Bord logieren möchte. Wahrscheinlich „Peanuts“ für die Klientel, die der Reeder Peter Deilmann an Bord holen will. Auch auf dem Schiff selbst gibt es genügend Möglichkeiten, die Kreditkarte zu nutzen. Wer also die Reise mit „Minimalgepäck“ antritt, sollte als erstes die Boutique aufsuchen und sich einkleiden. Hier lassen sich echte Schnäppchen machen: die Armbanduhr „Panthère de Cartier“ mit zweireihigem Goldbesatz etwa kostet an Bord – da zollfrei – nur 5.440 Mark.

So ausgestattet läßt es sich auf dem 175 Meter langen Fünf-Sterne-Kreuzfahrtschiff schon reisen. Neben 580 anderen Passagieren bleibt dann nur noch die Frage, wie verbringe ich meine Tage an Deck? Vielleicht ja mit einigen Aufenthalten in der Cocktailbar gleich neben dem Meerwasser-Pool. Die Zeit bis zum Dinner läßt sich auch im Bordkino überbrücken oder bei einem Golf-Abschlag auf dem Peil-Deck. Oder im prunkvollen Kaisersaal mit Empore, der sich mit Jugendstil und Klassizismus schmückt. Das Schiff soll „ein Grandhotel im Stil der Zwanziger“ sein, so die Reederei, und den Gästen das „Lebensgefühl dieser vergangenen Epoche“ nahebringen.

Abends darf in allen drei Gourmet-Restaurants an Bord getafelt werden. Möchten die Herrschaften ein mehrgängiges Menü im Restaurant „Berlin“ einnehmen, im „Vierjahreszeiten“ à la carte speisen oder lieber das Luxus-Büffet im „Lido-Gourmet“ abräumen? Unlängst tischte der Küchenchef schon einmal Räucherlachsmousse auf geliertem Kaviar vor geladenen Gästen auf – selbstverständlich nur als erste Vorspeise eines siebengängigen Menüs.

Die „Deutschland“ startet heute von Kiel aus zu ihrer Jungfernfahrt, einer neuntägigen Rundreise durch die norwegischen Fjorde. Ab November fährt das Schiff dann um die Welt. An Bord: „Aufgeschlossene, weltoffene Menschen, die die Botschaft von Frieden und Freiheit aus Deutschland und mit der ,Deutschland' in alle Länder unserer Welt tragen sollen.“ So heißt es zumindest euphorisch im Prospekt der Reederei. Eine Art „Friedensmission light“ also, bei der niemand auf jeden erdenklichen Komfort verzichten muß.

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