■ Die Anderen: "Nürnberger Nachrichten" zum Dilemma der Grünen / "Märkische Oderzeitung" zu SPD/PDS / "Nesawisimaja Gaseta" zu indischen Atomtests / "Corriere della Sera" zu Unruhen in Indonesien
Die „Nürnberger Nachrichten“ zum Dilemma der Grünen: Das Dilemma, in das die Grünen geraten sind, haben sie sich selbst zuzuschreiben. Die Zufälligkeit von Delegiertenentscheidungen ist ein altes Problem der Partei, in der die Bindungen zwischen Basis und Entscheidungsträgern besonders labil sind. Die Wählerinnen und Wähler in Sachsen-Anhalt, die Bündnis 90/Grüne wieder hinter die FDP zurückfallen ließen, haben so manchen Grünen aufgeweckt, der die Belastbarkeit einer in Grundfragen überwiegend konservativen Bevölkerung überschätzt haben mag. Den Grünen ist auch schockartig klargeworden, daß die Zuwächse in der Popularität nicht mehr automatisch erfolgen, solange man nur eine Sonnenblume schwenkt. Man muß nicht ein Realissimo wie Joschka Fischer sein, um zu erkennen, daß mit dem harten Kern der Stammwähler allein der Wechsel im September nicht zu schaffen ist.
Die „Märkische Oderzeitung“ aus Frankfurt (Oder) zu SPD/PDS: Die Unionsparteien werden jetzt mit Volldampf in den Lagerwahlkampf einsteigen. Schröder hat das natürlich vorhergesehen und konnte es trotzdem nicht verhindern. Mancher erinnert sich noch: Auf dem Mannheimer Parteitag im November 1995 hat Oskar Lafontaine ausgerufen: „Zieht euch warm an, wir kommen wieder!“ Jetzt steht die CDU vor ihrem Bremer Parteitag. Und Helmut Kohl hätte guten Grund, Lafontaines Spruch zu übernehmen.
Die Moskauer „Nesawisimaja Gaseta“ schreibt zu den Auswirkungen der indischen Atomtests auf das Verhältnis zwischen Rußland und Indien: Indien ist der einzige Staat, mit dem Rußland ein langfristiges Programm der militärtechnischen Kooperation hat. (...) Das wichtigste Merkmal der Zusammenarbeit in diesem Bereich besteht darin, daß Indien derzeit das einzige Land ist, das bei Rußland nicht nur Waffen kauft, sondern auch unsere Wissenschafts- und Forschungsarbeiten auf militärischem Gebiet finanziert. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die USA und einige andere Länder angesichts der indischen Atomtests versuchen werden, Druck auf Rußland auszuüben, um diese militärische Kooperation abzubauen.
Zu den Unruhen in Indonesien schreibt die konservative Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“: Indonesien versinkt in der Anarchie ... tropische schwarze Regenwolken vermischen sich mit dem Rauch der Feuer, die in den Wohnvierteln Jakartas lodern ... die Hauptstadt ist außer Kontrolle. Kein Gesetz, kein Panzer, nicht einmal die automatischen Waffen stoppen die aufgebrachte Menge, die Proteste, die Demonstrationen der Studenten und die wilde Spirale der Plünderungen im urbanen Dschungel der Baracken und Wolkenkratzer. Häuser, Geschäfte, Supermärkte, Banken, Autos: Alles brennt.
Und es verbrennen damit auch die letzten Hoffnungen auf eine friedliche Lösung der Krise.
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