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: Auf dünnem Brett

„Einer wird gewinnen“, Sa., 20.15 Uhr, ARD

Der Satz stammt aus einem der Einspielfilme, und er braucht sich hinter den großen Worten eines Brandt oder Gorbatschow nicht zu verstecken: „Wenn's ganz laut knackt, ist das Brett durchgebrochen.“

Durchgebrochen ist Jörg Kachelmanns dünnes Brett an diesem Abend nicht, einige Male aber hat es beängstigend geknackt. Die ARD trägt am Samstagabend wieder Show und bedient sich eines Konzepts, das schon unter Hans-Joachim Kulenkampff zwei Neuauflagen erlebte. Ein schweres Erbe für Nachfolger Jörg Kachelmann. Die Art von Sendung, die man ihm da anrichtete, wird von der Show-Forschung der Postmoderne zugerechnet, denn sie besteht größtenteils aus Versatzstücken. Neu ist allein, daß die Show-Lustigen der ARD bei den Privatsendern nicht nur kiebitzen, sondern ihre Beobachtungen auch beherzigen. Die Optik der Sendung verrät den Stammbaum: Da fliegen die Kameras über Ränge und Bühne, die Kandidaten müssen im Laufschritt antreten und, die Redaktion hofft auf Empathieschübe, sehr private Details offenbaren.

Natürlich hat man es eiliger als früher. So eilig, daß nicht jedes Spiel auf Anhieb erfindlich ist. Ein Kuli mußte sein Saalpublikum noch für sich gewinnen, heute ist es unverzichtbarer Bestandteil der Inszenierung. Es liefert als dressierte Claque den akustischen Rahmen und gehört zum Spektakel, weshalb es von flackernden Scheinwerfern gequält wird. Überhaupt flimmert, flirrt, rotiert es allüberall, die ständige Bewegung ist obligat. Diese übertriebene Reizflut steht in absurdem Kontrast zur gelassenen, wenn nicht schleppenden Moderation Jörg Kachelmanns. Ein offenkundiges Manko: statt Conférencier und Kandidaten – bei der Premiere eine Riege mit größtem Unterhaltungswert – zur Geltung kommen zu lassen, setzt man einen gigantischen Flipperautomaten in Gang. Dergleichen aber beherrschen die Privaten immer noch besser.

Ehe indes das große Schimpfen anhebt, sei an eines erinnert: 1981 brauchte ein gewisser Frank Elstner sagenhafte 60 Minuten (!) bis zum Beginn des ersten Spiels seiner damals neuen Sendereihe „Wetten, daß...?“ Die Premiere mißriet völlig – aber was mit einer vollendeten Pleite begann, ist heute die erfolgreichste Unterhaltungssendung des deutschen Fernsehens. Harald Keller