Bahn rollt später durch Tunnel

■ Tiergartentunnel: Wegen des Wassereinbruchs 1997 werden die Röhren ein Jahr später fertig. Regierungsumzug nicht gefährdet

Die Havarie im Fernbahntunnel verzögert den Bau des renommierten Bahnprojekts unter dem Tiergarten erheblich. Anstelle der geplanten Fertigstellung der Tunnelröhre für ICE- und Regionalzüge im Jahr 2002 soll der Durchstich nun erst 2003 beendet sein. Damit verschiebt sich auch die vorgesehene Inbetriebnahme der beiden Fernbahnhöfe Lehrter Zentralbahnhof und Papestraße sowie die des Regionalbahnhofs Potsdamer Platz um gut ein Jahr. Wie hoch die zusätzlichen Kosten bei der insgesamt vier Milliarden Mark teuren Investition für die 3,5 Kilometer lange Strecke sein werden, ist derzeit noch nicht abzuschätzen.

Als Grund für die Verzögerung nannte Horst Heller, Sprecher der DB Projekt GmbH Knoten Berlin, gegenüber der Berliner Zeitung, den Grundwassereinbruch im Juli 1997. Die Baustelle hätte nach der Flutung des Senkkastens für mehrere Monate stillgelegt werden müssen. Außerdem sei es nötig geworden, für die anderen Abschnitte der Tunnelröhre zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen zu erarbeiten. Dies bedeute, daß „der Tunnel erst 2003 in Betrieb“ genommen werden kann, so Heller. Im besagten Zeitraum war eine Tunnelwand eingebrochen und Erdreich weggespült worden. Um einen Einsturz des gesamten Baustellengeländes zu verhindern, hatte die Feuerwehr über 30.000 Kubikmeter Wasser in die Röhre pumpen müssen.

Für die Terminverschiebungen sorgen nach Ansicht Hellers auch „nicht vorhersehbare Schwierigkeiten bei der Ausführung der Bauarbeiten“. Dazu zählten insbesondere Findlinge und das Grundwasser, das im Baugrund reichlich vorhanden sei. Der Umzug von Regierung und Parlament im kommenden Jahr würde durch die Planungen der Bahn aber nicht behindert, sagte der Sprecher weiter. Heller: „Ab Oktober 1999 gibt es vor dem Reichstag keine offenen Baugruben mehr.“ Die Abgeordneten könnten im Herbst 1999 trockenen Fußes und über den gedeckelten Tunnel von den Wohnungen auf dem Moabiter Werder oder dem Kanzleramt bis zum Reichstag und die Büros im Alsenblock gehen.

Während die Tunnelgrabungen vom Gleisdreieck in Richtung Norden durch die Havarie zurückgeworfen wurden, geht es umgekehrt besser voran. Die beiden Schildvortriebmaschinen, die die Tunnelröhren wie Maulwürfe unterirdisch graben, haben sich nach Auskunft von Projektchef Jürgen Wilms vom Reichstag in Richtung Süden bereits 640 Meter weit vorgebuddelt.

Im Sommer dieses Jahres, erklärte Wilms, beginne auch der Rückbau der Spree. Dann soll der Fluß wieder in sein altes Bett am Spreebogen zurückfließen. 1996 war die Spree in ein künstliches Flußbett umgleitet worden, damit der Tunnel in offener Bauweise vom Lehrter Bahnhof gegraben werden kann. Rolf Lautenschläger