: Riskantes Real-Life-Rollenspiel
■ Schauspieler, die tot aussehen, sind richtig tote Killer: Agent Null Null Nix
Merkwürdig: Der Originaltitel des Films „The Man Who Knew Too Little“ spielt auf Hitchcock an. Der deutsche Verleihtitel dagegen versucht's, allerdings mit Kleinstkaliber, mit James Bond aufzunehmen: „Agent Null Null Nix – Bill Murray in hirnloser Mission“. Dabei trifft es die Bond- Verballhornung noch am ehesten. Denn Jon Amiels („Sommersby“, „Copykill“) Räuberpistole will uns zum Lachen bringen mit Zigarrenetuis, in die Agenten reinsprechen, und russischen (!!) Matrjoschkas, die in ihrem Innern keine Babyholzpuppe enthalten, sondern ein Bömbchen mit Zeitzünder. Tick, tick. Am Ende tanzt man Kasatschock mit Bombe, es lebe der Kalte Krieg!
Zum Glück versucht Amiel nicht allzu krampfhaft, seinen Wallace Ritchie (Bill Murray) den Bond machen zu lassen. Denn 007 persiflieren, das können die Bond- Produzenten auch ohne ihren verblichenen Albert R. „Cubby“ Broccoli (den Namen erinnere ich natürlich nur wegen des Gemüses...) selbst wohl am besten, wie der letzte BMW-Bond bewies. Unser Null Null Nix ist mehr was für Leute, die es einfach lustig finden, wenn ein Austin-Mini einen Polizeiwagen abhängt.
Die Komik basiert vor allem auf einer permanenten Verwechslung von Spiel und Realität. Wallace Ritchie besucht seinen Bruder in England. Der schenkt ihm einen Auftritt beim Theatre Of Life zum Geburtstag. Dort soll er zusammen mit Schauspielern live in eine actionreiche Story verwickelt werden, doch der Anruf, der ihn erreicht, kommt nicht von ihnen. So meint Wallace es zwar mit Schauspielern zu tun zu haben, tatsächlich sind es aber Agenten, Killer oder Bobbies. Als ihn eine Straßengang überfällt, spielt er mehrere Rollen durch, wie man auf einen solchen Raub reagieren könnte. Die Diebe halten ihn für verrückt. Und die Grundidee könnte sich der Drehbuchschreiber auch durchaus aus den Patienteninterviews eines Psychoanalytikers abgeschrieben haben.
Ich mag solche Gags jedenfalls: Als Amerikaner muß er bei Betreten des Kontinents dieselben irren Fragen beantworten, wie unsereins bei der US-Einreise: Was wollen Sie in England? Haben Sie hier Verwandte? Wo wohnt ihre Tante Frieda genau? Am Ende hat Wallace dem Beamten so lange Geschichten erzählt, bis der Flughafen schließt. Natürlich hat Agent Null Null Nix ein hübsches Girlie neben sich auf dem Autositz, das er vor den Killern rettet, das ihm aber „die Briefe“ abluchsen will. Da er nichts ernst nimmt, ist er obercool, und die Agentin verfällt ihm.
Wallace-Darsteller Bill Murray war denn wohl auch genau der Richtige für den vermeintlichen Agentenjob: Murray wurde Mitte der Siebziger in den USA mit seiner TV-Show „Saturday Night Live“ bekannt. Später spielte er bei „Ich glaub', mich knutscht ein Elch“, beiden „Ghostbusters“ und in „Ed Wood“ und „Space Jam“ mit. Sein Bruder stellt ihn seinen Geschäftspartnern in „Null Null Nix“ so vor: Mein Bruder ist in der Filmindustrie. Stimmt auch: Immerhin ist Wallace Ritchie Leiter einer Blockbuster-Videothek. Andreas Becker
„Agent Null Null Nix – Bill Murray in hirnloser Mission“. Regie: Jon Amiel. Mit Bill Murray, Peter Gallagher, Joanne Whalley, USA 1997, 94 Min.
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