: Türkischer Familienvater darf bleiben
■ In letzter Minute: Gericht verhindert Familientragödie
Das Ehepaar B. und seine vier Kinder, Steppkes zwischen einem Monat und fünf Jahren, haben eine Gnadenfrist bekommen. Das Verwaltungsgericht stoppte eine für heute vom Ausländeramt geplante Abschiebung des türkischen Ehemannes und Vaters, Nazi B. in letzter Minute. Zur Begründung sagte Richter Jörg Hagedorn gegenüber der taz, erst müsse geklärt werden, ob der Familienvater nach einer Abschiebung in die Türkei „in absehbarer Zeit“ legal wieder zu seiner Familie nach Bremen zurücckehren könne. Auch werde die Ausländerbehörde nach einem Vorschlag des Gerichts prüfen, ob der türkische Familienvater – obwohl er nach einer Abschiebung illegal zu Frau und Kindern nach Bremen zurückkehrte – eine Aufenthaltserlaubnis bekommen kann.
Dem Anwalt der Familie, Karim Popal, ist das nicht genug. „Wenn man das gewollt hätte, säße mein Mandant nicht in Haft.“ Statt Nazi B. den verfassungsmäßigen Schutz der Familie nach Artikel sechs zu garantieren, werde der Mann „rechtswidrig schikaniert“. Aus reinen Formgründen solle der Familienvater in die Türkei abgeschoben werden, um von dort aus die legale Wiedereinreise zur Familie nach Deutschland zu betreiben. „Das Oberverwaltungsgericht von Baden-Württemberg hat sowas schon untersagt“, schimpft der Anwalt. Und: „Einmal in die Türkei abgeschoben, wird der Mann seine Kinder erst als Jugendliche wiedersehen.“ Denn in der Türkei erwarte Nazi B. keinesfalls ein gültiger Paß, mit dem er ein Visum für Deutschland beantragen könnte – sondern vielmehr ein Prozeß wegen Desertation vom türkischen Militärdienst. Der Kurde Nazi B. habe sich geweigert, in den kurdischen Gebieten „auf die eigenen Leute zu schießen“.
Mit einem Asylantrag hat die mittlerweile achtjährige Odyssee von Nazi B. 1990 begonnen. Als der Antrag fünf Jahre später abgelehnt wurde, hatte der junge Mann schon seine heutige Ehefrau geheiratet, die älteste Tochter war bereits geboren. Zeitweilig hatte Nazi B. damals sogar eine Aufenthaltserlaubnis – bis er beim Heroinhandel erwischt, und nach einer Jugendhaftstrafe abgeschoben worden war. Es folgte seine Einziehung in der Türkei, Militärdienst, Flucht – und die – umständehalber illegale – Rückkehr nach Deutschland.
„Der Mann ist ein Härtefall“, sagt sein Anwalt. Man müsse ihm nach diesem abgebüßten Jugenddelikt eine Chance geben. B.'s Ehefrau sagt: „Wir brauchen ihn. Die Kinder hängen an ihrem Vater – und er an ihnen.“ ede
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