: Neue Jahreszeit Ozonsaison
■ Norddeutsche Ozon-Verordnungen gescheitert / Kieler Niederlage bei Windkraft, Hamburger Sieg bei Mißbrauchs-Gesetz Von Marco Carini
Wahrlich ein schlechter Tag für die Hamburger und Kieler Landesregierungen. Der Bundesrat begrub nicht nur die Ozon-Verordnungen der beiden Nord-Länder, er kanzelte auch eine Initiative Schleswig-Holsteins gegen einen „Wildwuchs“ von Windkraftanlagen ab.
Einziges Bonbon für die Loser aus dem Norden: Die Bonner Ländervertretung beschloß eine Hamburger Gesetzesinitiative zum Schutz vor sexuellem Mißbrauch in Therapieverhältnissen in den Bundestag einzubringen.
Stichwort Ozon: Der Bundesrat stimmte dem „Kompromiß“ des Vermittlungsausschusses zu, nachdem erst bei Rekordwerten von 240 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft ein Fahrverbot für katalysatorfreie Abgasschleudern verhängt wird. Die Regierungen in Hamburg und Kiel hingegen hatten sich für Tempolimits starkgemacht, die schon ab 180 Mikrogramm inkraft treten sollten.
„Enttäuscht“ zeigte sich die Hamburger Umweltbehörde von der „völlig unzureichenden“ Neuregelung: Wichtige Fragen würden darin „ungeklärt“ bleiben, weil es weder eine klare Auslegung der Ausnahmeregelungen für Urlaubsreisende und PendlerInnen noch Plaketten für schadstoffarme Autos gebe. Auch könne Hamburg nach der Regelung nur dann „Ozonalarm“ auslösen, wenn auch in einem der beiden Nachbarländer die Grenzwerte überschritten würden.
Sichtlich gefrustet blies die Kieler Umweltministerin Edda Müller ins gleiche Horn: Sie werde die AutofahrerInnen auch zukünftig auffordern, bei hohen, aber noch unterhalb der Rekordgrenzwerte liegenden Ozonwerten den Fuß vom Gas zu nehmen.
Der BUND Schleswig-Holstein forderte gestern die Einführung einer „Jahreszeit Ozonsaison“: „Kinder, Alte und kranke Menschen“ könnten dann „schon vom Kalender ablesen, wann sie den Aufenthalt im Freien tunlichst meiden sollten.“
Für eine „bedauerliche Fehlentscheidung“ hält der Kieler Bundesminister Gerd Walter (SPD) auch die Bundesratsentscheidung, Windkraftanlagen im ländlichen Bereich bevorzugt zu genehmigen. Kiel wollte „das planlose Aufstellen von Windmühlen“ durch die Ausweisung von Vorrangflächen für Windparks stoppen. Nach dem Beschluß befürchtet Walter nun einen „Wildwuchs der Windenergie“, für den es keine „Akzeptanz in der Bevölkerung gibt“.
Parteienübergreifende Akzeptanz gab es dafür im Bundesrat für eine Hamburger Gesetzesinitiative gegen „Sexuellen Mißbrauch in der Therapie“. Wer „ein Behandlungsverhältnis“ ausnutze, um „sexuelle Handlungen an der behandelten Person“ vorzunehmen, soll in Zukunft „mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren“ belangt werden.
Einziges Problem: Der Entwurf muß noch den Bundestag passieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen