piwik no script img

Durch Fasern überführt

■ Polizei ist sicher, den „Kinderschänder von Ohlstedt“ endlich gefaßt zu haben

„Wir sind überzeugt, den Täter zu haben“, zerstreut Wolfgang Sielaff, Amtschef der Hamburger Polizei, jeden aufkommenden Zweifel. Gegen den 62jährigen Rentner Hans-Gerold B. aus Jersbek bei Bargteheide, den die Polizei in der Nacht zum Mittwoch in seinem Haus festnahm, spreche eine „eindeutige Beweislage, die ihn als Täter überführt“.

Obwohl der Festgenommene alle Vorwürfe zurückweist, ist sich die „Soko Ohlstedt“ sicher, den Mann gefaßt zu haben, der im August 1994 die neunjährige Luisa, acht Monate später dann die elfjährige Jenny entführte, um beide Mädchen anschließend zu vergewaltigen. An der Kleidung von Jenny sowie an dem Klebeband, mit dem der Täter dem Mädchen die Augen verbunden hatte, hat die Polizei Fasern sichergestellt, die aus dem Wagen des Beschuldigten stammen sollen. Außerdem fanden sich Fasern aus einer Duvenstedter Tennishalle, in der Jenny wiederholt das Racket schwang, im Opel-Kadett des zweifachen Familenvaters. Gegen Hans-Gerold B. wurde gestern Haftbefehl erlassen.

Die Polizei hatte sich bei ihren Ermittlungen ganz auf das Fahrzeug des Täters konzentriert und dabei zunächst eine falsche Spur verfolgt. Nach der Beschreibung des Autos durch eines der beiden Opfer waren die Ermittler sicher, daß es sich nur um einen rostbrauen „Mazda 626 LX“ mit beiger Innenausstattung handeln könnte. Daraufhin wurden in Hamburg und Schleswig-Holstein rund 1000 Mazda-Fahrer überprüft.

Ergebnislos, da sich der Mazda schließlich als Opel entpuppte. Die Mazda-Hersteller hatten der Soko auf Anfrage schließlich mitgeteilt, daß in ganz Europa niemals ein Auto mit der gesuchten Farbkombination ihre Fließbänder verlassen hatte. Fasern des Autoteppichs an Jennys Kleidung machten den Ermittlern schließlich klar, daß nur ein Auto Rüsselsheim als „Tatort“ in Frage kommt.

Am vergangenen Freitag schließlich entdeckte eine Soko-Mitarbeiterin einen Kadett mit passender Farbzusammenstellung auf einem Duvenstedter Parkplatz. Da das Jersbeker Wohnhaus des Autobesitzers genau der Beschreibung der neunjährigen Louisa entsprach, schnappten vorgestern nacht die Handschellen zu.

Der „nicht geständige“ Verdächtige habe sich bei den Vernehmungen bereits in „zahlreiche Widersprüche“ verstrickt, teilte Wolfgang Sielaff gestern mit. Dem gebrechlichen Rentner, der zur Zeit auf der Krankenstation des Untersuchungsgefängnisses am Holstenglacis untergebracht ist, droht eine Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren. Marco Carini

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen