: Eltern andersrum
Familienanschluß: Die Grünen fordern Adoptionsrecht für lesbische und schwule Paare ■ Von Silke Mertins
„Wenn die Kinder ,meine Eltern' sagen, dann meinen sie uns“, sagt Susann Anemüller stolz. „Uns“, das sind sie und ihre Lebensgefährtin, die leibliche Mutter der beiden Mädchen. Auch vor den KlassenkameradInnen sind die Familienverhältnisse kein Geheimnis. „Das macht sie sogar interessant – die anderen finden das cool.“ Juristisch betrachtet hat Co-Mutter Susann jedoch keine Rechte, obwohl sie im Alltag für die Kinder verantwortlich ist. „Meine Freundin und ich können nicht heiraten, und ein Adoptionsrecht für Lesben und Schwule gibt es schon gar nicht.“
Nach dem Willen der GAL soll sich dieser Mißstand ändern. Lesbische und schwule Paare sollen mit Heteros in Familienfragen gleichgestellt werden. Denn: Selten können homosexuelle Einzelpersonen und noch seltener Paare ein Kind adoptieren. Oft handelt es sich in diesen Ausnahmefällen um solche, für die sich keine „normale“ Familie findet, etwa HIV-infizierte Kinder. „Nach dem Motto: Bei denen kann man nichts mehr falsch machen“, so der GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Farid Müller.
Untersuchungen in den USA, wo etwa vier Millionen Homo-Elternteile acht bis zehn Millionen Kinder erziehen, belegen, daß die gleichgeschlechtliche Lebensweise keine Auswirkung auf die kindliche Entwicklung hat. „Es kommt nicht auf die Sexualität, sondern auf die Qualität der Beziehungen an“, faßt Thomas Mohr von der grünen „Landesarbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule“ zusammen.
Trotz dieser Erfahrungen fürchten deutsche ChristdemokratInnen den Untergang des Abendlandes. Gestern morgen forderte CDUlerin Karen Koop auf radio hamburg, Kinder hätten in einem „gesunden“ Umfeld aufzuwachsen. In einer Hörerumfrage sprachen sich allerdings 67 Prozent für Homo-Ehe und Gleichstellung aus. Auch der Schwuso Lutz Kretschmann forderte diese Woche in der Bürgerschaft ein Adoptionsrecht für Lesben und Schwule. Auf Bundesebene, fürchtet jedoch GALier Müller, sei das Thema „ein Knackpunkt zwischen Rot und Grün“.
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