: Nato-Kampfflieger über Tirana
■ Mit einem fünfstündigen Manöver an den Grenzen zum Kosovo zeigt die Nato Präsenz. Moskau ruft Nato-Vertreter aus Brüssel zurück. Rühe hält an Kosovo-Einsatz ohne UN-Mandat fest
Aviano/Moskau/Bonn (dpa/ AFP) – Um den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević zum Einlenken zu zwingen, hat die Nato gestern fünfstündige Luftmanöver an den Grenzen zum Kosovo abgehalten. An der Operation „Entschlossener Falke“ waren 84 Flugzeuge aus 13 Ländern beteiligt. Die Maschinen vom Typ deutsche Tornados, französische Mirage F1, britische Jaguar- Kampfflugzeuge und amerikanische F-16 seien alle sicher zurückgekehrt, sagte ein Sprecher auf dem italienischen US-Stützpunkt Aviano. Aus Belgrad bleiben offizielle Reaktionen zunächst aus. Die unabhängige Tageszeitung NT Plus schrieb gestern auf der Titelseite, die Armeespitze solle nicht auf Provokationen der Nato reagieren. Die Luftwaffe solle nicht das Feuer auf Nato-Flugzeuge eröffnen, die „zufällig“ den Luftraum verletzten.
Für heute ist ein Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Boris Jelzin und Milošević im Kreml geplant. Jelzin will den Gast zu einem Kompromiß bewegen, um einen drohenden Nato-Militärschlag zu verhindern. Jelzin wollte noch gestern mit US-Präsident Bill Clinton in einem Telefongespräch die Kosovo-Krise erörtern.
Zuvor hatte Rußland seinen ständigen Vertreter im Nato- Hauptquartier zurückgerufen. Generalleutnant Wiktor Sawarsin müsse am Tag des Vermittlungsgesprächs zwischen Jelzin und Milošević wieder in Moskau sein, hieß es im russischen Verteidigungsministerium. Eine offizielle Begründung für den Rückruf gab es nicht. Aus dem Ministerium verlautete jedoch, der Schritt sei ein Protest gegen die Nato-Manöver, die ohne Berücksichtigung der Meinung Moskaus begonnen worden seien.
Der russische Verteidigungsminister Sergejew warf der Nato vor, ihn in der vergangenen Woche beim Treffen der Verteidigungsminister der Allianz in Brüssel nicht über die Manöverpläne informiert zu haben.
Verteidigungsminister Volker Rühe rechnet für einen möglichen militärischen Einsatz der Bundeswehr im Kosovo mit einer breiten Mehrheit des Bundestages. Dabei machte er erneut klar, daß dieser Einsatz auch ohne das von Außenminister Klaus Kinkel geforderte UN-Mandat erfolge könne. Bundeskanzler Helmut Kohl verteidigte die Nato-Manöver. Beim Gipfel der 15 EU-Staats- und Regierungschefs in Cardiff sagte er, es sei „völlig richtig, den Machthabern in Belgrad zu zeigen: Bis hierher und nicht weiter“. Der Kanzler forderte gleichzeitig, vor weiteren Schritten das Ergebnis des Treffens zwischen Jelzin und Milošević abzuwarten.
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