■ Sammler wollte angeblich nur ein Schneckenrennen veranstalten
: 70 Schnirkelschnecken unter Polizeischutz gestellt

Ochsenhausen (taz) – Im württembergischen Ochsenhausen, unweit von Memmingen, haben gewissenhafte Beamte siebzig Weinbergschnecken unter Polizeischutz genommen und sie so vor einem sicheren Ende im Kochtopf bewahrt. Die beiden Polizisten waren am Sonntag nachmittag auf Streife und sahen einen 31jährigen Mann an einem Bachufer, der sich immer wieder bückte. Ihnen kam das reichlich komisch vor, und so überprüften sie den Mann. Die Beamten stellten sehr schnell fest, daß besagter Herr Weinbergschnecken sammelte. Dies wiederum ist nach der baden-württembergischen Weinbergschneckenverordnung a) nur vom 1. April bis 5. Juni erlaubt und b) auch nur in wechselnden Landkreisen. Der Landkreis Biberach ist erst wieder 1999 an der Reihe. Bis dahin gilt im ganzen Kreisgebiet ein absolutes Schneckensammelverbot. Schließlich stehen die zur Gattung der Helix, der „auf dem Lande lebenden Lungenschnecken“, zählenden Weinbergschnecken unter Schutz und dürfen nicht für gewerbliche Zwecke gefangen werden. Einen solchen stellt das Sammeln zum Verzehr dar. Rund 800 Arten der Lungenschnecken, auch Schnirkelschnecken genannt, sind bei uns bekannt. Ihr Fortpflanzung erfolgt durch sogenannte Liebespfeile im Genitalbereich.

Inwieweit der eifrige Sammler sich all dessen bewußt war, entziehe sich der Kenntnis der Polizei, meinte der Biberacher Polizeisprecher König. Der Schneckenfreund seinerseits gab – geistesgegenwärtig – an, die Schnecken gar nicht zum Verzehr zu sammeln, sondern „nur“ zum Zwecke eines Schneckenrennens, das er mit Freunden veranstalten wolle. Dies wiederum ist offenbar in besagter Schutzverordnung nicht geregelt. Doch die Beamten glaubten ihm nicht. Außerdem gehen sie vom generellen Schneckensammelverbot im Landkreis aus und erstatteten daher im Landratsamt Biberach Ordnungswidrigkeitenanzeige. Über die Zuständigkeiten wird im Amt noch heftig gerätselt. Der Pressesprecher des Regierungspräsidiums in Tübingen zeigte sich von dem Vorgang überrascht, sicherte aber eine Überprüfung zu, die freilich bis Redaktionsschluß noch nicht abgeschlossen war. Den Schnecken wiederum konnte der Polizeieinsatz nur recht sein. Denn der eifrige Sammler mußte unter Polizeiaufsicht die 70 Weinbergschnecken wieder freisetzen und darf nun eines Bußgeldbescheides harren, der auf ihn zukommen wird. Von wem, steht freilich bislang noch nicht fest. Rein vorsorglich wies ein Vertreter des BN (Bund Naturschutz) in Bayern darauf hin, daß auch im Freistaat die Weinbergschnecken unter Schutz stehen und hier überhaupt nicht zum Verzehr gesammelt werden dürfen. Ein Wechsel über die nahe Landesgrenze sei dem ertappten Schneckensammler aus Ochsenhausen also nicht anzuraten. Klaus Wittmann