Der verhinderte Held tröpfelt

„Ich bin fast tot“: Dank immenser Hitze egalisieren die Mexikaner zwei Tore von Marc Wilmots und schaffen gegen Belgien doch noch ein 2:2-Unentschieden  ■ Aus Bordeaux Ralf Mittmann

So stand er also da, nach dem 2:2, in kurzer Hose, T-Shirt und einem Handtuch um die Schultern, das die Schweißtropfen auffing, die pausenlos vom tiefgeröteten Kopf abwärts purzelten. Zwei Tore hatte Marc Wilmots gemacht und mußte doch nur erklären, wie es dazu kommen konnte, daß Belgien einen sichergeglaubten Sieg noch aus der Hand gab. Wilmots war gezeichnet von einem Spiel, das er als „das schwerste meiner Karriere“ bezeichnete. Der Gang auf die Waage hatte Auskunft gegeben, daß Wilmots fünf Kilo verloren hatte. An die 50 Grad Celsius soll es gehabt haben auf dem Platz, ließen die französischen Organisatoren wissen. „Bei dieser Hitze kriegst du irgendwann keine Luft mehr“, sagte Wilmots, „und dann gehen die Beine auch nicht mehr.“

Als die Luft noch da war, zwei Minuten vor der Pause, erwischte Wilmots den Ball im Fünfmeterraum irgendwo zwischen Bauchnabel und Oberschenkel und bugsierte ihn zwischen den Beinen des mexikanischen Torhüters Campos hindurch ins Tor. Und drei Minuten nach der Pause schien Wilmots endgültig auf dem Weg zum Heldentum, als er sich auf jene Art und Weise gegen Suarez und Davino durchwühlte, die ihm auf Schalke den Spitznamen „Willi, das Kampfschwein“ eingebracht hat, und das 2:0 markierte. Doch die Mexikaner können wohl ein bißchen besser umgehen mit solchen Temperaturen, meinte Wilmots, „ich jedenfalls bin fast tot“. So war der Ausgleich unvermeidlich und gar der mexikanische Sieg möglich.

Wenigstens mußte sich Wilmots nicht anhören, wie Jean-Marie Pfaff die Belgier in die Pfanne haute. Erst hätten sie „zu wenig Eigeninitiative gezeigt“, kritisierte der frühere Nationaltorwart, und später, nach der 2:0-Führung, seien sie nicht in der Lage gewesen, „den Ball zu kontrollieren“. Daß der komfortable Vorsprung verspielt wurde, schob Pfaff einem „Schwund an Konzentration“ zu, wobei er die Hitze aber nicht als Entschuldigung gelten lassen wollte: „Wir haben 1986 in Mexiko um zwölf Uhr mittags bei ganz anderen Temperaturen gespielt, die waren wirklich brutal.“

Belgiens Coach Georges Leekens war nicht nach einer langen Diskussion um wenn und aber. Natürlich müsse man „ein Spiel nach Hause bringen, wenn man 2:0 führt“, doch seien die Mexikaner eben auch ein veritabler Gegner gewesen. „In den letzten zwanzig Minuten war bei uns dann das Benzin alle“, sagte Leeskens und deutete damit an, was angesagt ist bis zum nächsten Spiel: Auftanken, damit Südkorea mit den zur sicheren Achtelfinal-Qualifikation notwendigen drei Treffern Differenz besiegt werden kann.

Mexiko: Campos – Pardo, Sanchez, Davino, Suarez – Palencia (46. Arellano), Garcia Aspe (68. Lara), Ordiales (58. Villa), Ramirez – Blanco, Hernandez

Zuschauer: 36.000

Tore: 1:0 Wilmots (43.), 2:0 Wilmots (48.), 2:1 Garcia Aspe (56./Foulelfmeter), 2:2 Blanco (63.) Rote Karten: Pardo (29./Foulspiel), Verheyen (55./Foulspiel)

Belgien: De Wilde – Deflandre, Staelens, Vidovic, Borkelmans – Boffin (18. Verheyen), Van der Elst (67. de Boerck), Scifo – Wilmots – Nilis (77. Lokonda Mpenza), Oliviera