: Umstrittener Indus-Staudamm wird gebaut
■ Pakistanische Regierung gibt grünes Licht für Überschwemmung in der Nordwestprovinz
Karatschi (ips) – Über den seit Jahren geplanten und umstrittenen Kalabagh-Staudamm in der Nordwestprovinz soll es keine Debatten mehr geben. „Der Damm wird gebaut“, erklärte der pakistanische Ministerpräsident Nawaz Sharif Ende der vergangenen Woche – und rief damit erst recht die Opposition auf den Plan.
Drei der vier Regionalregierungen im Land lehnen das Projekt ab, nur Sharifs Heimatprovinz Punjab will den Damm, der 3.600 Megawatt Leistung bringen soll. Medienberichten zufolge hat sich Sharif von seinen Wirtschaftsberatern überzeugen lassen, daß der rund zwei Autostunden von Islamabad entfernt geplante Damm angesichts des steigenden Strombedarfs in den Städten unverzichtbar sei. Durch den Stausee soll die Bewässerung größerer Anbauflächen gesichert werden. Der größte Teil des Wassers wird allerdings der landwirtschaftlich ohnehin schon weit entwickelten Region Punjab zukommen. Der dortige Chefminister und Präsidentenbruder Shahbaz Sharif hat bereits die Einrichtung eines öffentlichen Fonds für den Dammbau angekündigt.
Die Projektplaner beziffern die Kosten auf 5,7 Milliarden Dollar, von denen die Weltbank bereits drei Milliarden Dollar als Darlehen zugesagt hat – unter der Bedingung, daß die Regierung mindestens 40 Prozent der Gesamtkosten selbst aufbringt. Dazu wird das völlig überschuldete südasiatische Land, das von internationaler Entwicklungshilfe abhängig ist, aber kaum in der Lage sein.
Protest regt sich vor allem im Süden und im Nordwesten. Während die Bewohner der südlichen Provnz Sindh fürchten müssen, daß sie künftig auf dem Trockenen sitzen und wichtige Ökosysteme im Indus-Delta zerstört werden, werden in der Nordwestprovinz die Wohngebiete von mindestens 34.500 Menschen überschwemmt. Wie die Umsiedlung vonstatten gehen soll, ist unklar. Dammgegner haben gewarnt, daß bis jetzt noch nicht einmal die 2.000 Menschen entschädigt worden sind, die vor 30 Jahren durch den Bau des viel kleineren Tarbela-Damms am Indus ihre Heimat verloren haben.
Beobachter befürchten, daß der Zwist zwischen Zentralregierung und Provinzen sogar das Land spalten könnte. Der Politologe Idris Bakhtiar glaubt, daß Sharif durch den Dammbau viel Unterstützung in der Bevölkerung verlieren könnte. Auch der Umweltaktivist Omar Asghar hält das Vorgehen der Regierung schon deshalb für unklug, weil sich international breiter Widerstand gegen Staudämme formiert hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen