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„Bilderbuch für Erwachsene“

■ Bremerhavens Politiker kritisieren Köllmanns neues Konzept zum Ocean-Park: Viele Bilder, wenig Zahlen und Fakten

Edel sieht das Buch aus – blauer Leineneinband mit goldenem Schildchen. Etwa drei Kilo schwer ist das neue Werk aus Köllmanns PR-Abteilung. „Ocean-Park – das Thema“ steht auf der ersten Seite des überarbeiteten Konzeptes zu dem maritimen Freizeitpark, das der Wiesbadener Unternehmer Jürg Köllmann jetzt vorgelegt hat.

„Das Meer sehen, Schiffe gucken, Wind und Wetter spüren, Geschmack von Salz und Ferne, die maritime Atmosphäre genießen, das war und ist das Wichtigste und Schönste auch für die Bremerhavener Bevölkerung“, stimmt Köllmann, der neben dem Ocean-Park in Bremerhaven auch den Space-Park in Bremen planen soll, den Leser des Bildbandes auf den überarbeiteten „Masterplan“ zum Ocean-Park ein.

Der „Arbeitstitel“ gefällt ihm allerdings nicht mehr. Der Ocean-Park soll jetzt „Ocean-Kaje“ heißen. Der Name „Ocean-Park“ läßt nach Meinung des Planers nämlich „die Suggestion des Besonderen, des Einzigartigen“ vermissen. „Nomen est omen“, schreibt Köllmann. Ein nachgebauter Belle-Epoque-Dampfer soll Touristen zu einer Schiffsreise einladen – allerdings nicht auf dem Wasser, sondern an Land. Das Hotelschiff, soll dem Schnelldampfer „Kronprinz Wilhelm“ nachempfunden und auf der Lloyd-Werft in Bremerhaven gebaut werden. „Wir bauen also in Bremerhaven ein neues Schiff - die Ozeana“, heißt es in dem Bildband. „Das erste Kreuzfahrtschiff an Land.“ Auch den Werbetext für Landurlauber, die eine Schiffsreise buchen wollen, hat Köllmanns PR-Abteilung schon formuliert: „Buchen Sie eine Kreuzreise an Land, denn das ist das Schiffsvergnügen pur, ohne Seekrankheit, ohne Gefahr für Leib und Leben durch Wetter und Stürme, Packeis und Eisberge, ohne Motorschäden.“ Es folgt eine Seite mit dem Bild des Schnelldampfers „Kronprinz Wilhelm“. „Der Lloyd-Schnelldampfer Kronprinz Wilhelm, 1901 in Dienst gestellt, erhielt 1902 das begehrte blaue Band“, informiert Köllmann, der die Bilder an einigen Stellen mit historischen Zitaten großer Denker garniert.

Auch das Harbour-Village will Köllmann umbenennen. „Alte Hafenstadt“ erscheint ihm passender. Außerdem soll die Hafenstadt im Stil des 19. Jahrhunderts um ein paar hundert Meter verlegt werden. Soviel zu den wesentlichen Änderungen des Masterplanes.

Es sei geradezu „lachhaft“, den Abgeordneten Bremerhavens „solch ein Bilderbuch“ zuzuschicken, schimpft CDU-Fraktionschef Paul Bödeker. Das einzig brauchbare sei das goldene Schildchen auf dem Einband. „Da kann man immer noch ein Loch reinknipsen und es als Schlüsselanhänger gebrauchen.“

SPD-Chef Jörg Schulz stört sich vor allem an der „Hollywood-Kulisse“ des Harbour-Village. Der Bildband sei ein Ablenkungsmanöver, um zu vertuschen, daß es noch immer keine detaillierten Fakten und Zahlen gebe, vermutet der grüne Fraktionssprecher Christian Scherzer. In diese Kerbe schlägt auch AfB-Chef Günter Dieckhöner: „Statt Antworten haben wir ein buntes Bilderbuch für Erwachsene erhalten“, sagt er.

Offenbar um Skeptiker zu beruhigen, haben Köllmanns PR-Leute sogar den Philosophen Ernst Bloch (1885 bis 1977) bemüht. Über das „Prinzip Hoffnung“ steht in Köllmanns Bilderbuch folgendes: „Wie reich wurde allzeit davon geträumt, vom besseren Leben geträumt, das möglich wäre. Das Leben aller Menschen ist von Tagträumen durchzogen, darin ist ein Teil lediglich schale, aber auch entnervende Flucht, auch Beute für Betrüger ... kes

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