Öffentliches Zapping

■ Als Höhepunkt der TeleVisionen 98 gelangt auch das scheinbar Banale auf die große Leinwand: Die "Comedy Nacht" im Waschhaus Potsdam

Fernsehen guckt man zu Hause. Zur Zeit geht man für ein gutes Spiel vielleicht mal raus in die Lieblingskneipe. Die hat bestimmt auch eine „Großbildleinwand“ aufgebaut. Grün flimmert der Rasen. „OUUH!!“ grölen die Gäste. Anschließend wird „diskutiert“.

Für gutes Fernsehen muß man zur Zeit raus nach Potsdam fahren. Auch die Veranstalter der „Televisionen“ haben im Waschhaus Potsdam eine Großbildleinwand aufgebaut. Doch statt viel grünem Rasen zeigen sie seit letztem Samstag ausgewählte TV-Produktionen. Anschließend wird diskutiert.

Nun ist das Prinzip „Leinwand-TV“ selbst sicherlich auch diskussionswürdig: 1996, damals noch im Freiluftkino Kreuzberg, zeigten die „TeleVisionen“ u.a. drei Greenaway-Fernsehfilme in Anwesenheit des Künstlers. Der allerdings zeigte sich davon wenig begeistert. Er habe seine Arbeiten nun mal fürs Fernsehen gemacht und nicht fürs Kreuzberger Großbild. Das leuchtete ein.

Doch seit Greenaway hat sich einiges verändert bei den „TeleVisionen“: Der Etat ist geschrumpft (nur noch das Land Brandenburg unterstützt das Internationale Fernsehfest Berlin/ Brandenburg e.V. und das Waschhaus e.V. mit 40.000 Mark), die Veranstaltung ist (deshalb) nach Potsdam umgezogen und Ex-Organisator Kraft Wetzel (auch deshalb?) ausgestiegen. Geblieben ist das Beharren der TeleVisionäre darauf, daß Fernsehen nicht nur etwas ist, was man zu Hause guckt; daß es so einiges im Fernsehen gibt, was man (hierzulande) noch nicht gesehen hat bzw. (außer auf der Potsdamer Großbildleinwand) nicht zu sehen bekommt – oder, wie heute abend, nicht oft genug ansehen kann. „switch“ zum Beispiel (immer samstags, 19.45 Uhr, Pro7). Woche für Woche macht sich hier das Fernsehen übers Fernsehen lustig. Und zappt sich dabei selbst mit charmant-talentiertem Dilettantismus durch die Sketche: Arabella Kiesbauer – krrchp – „Fakten Fakten Fakten“ – Kiesbauer – Werbespots – krrchp – „Deutsche Welle Polen“. Nach 30 Minuten muß man wieder selbst zur Fernbedienung greifen und der TV-Realität ins Auge sehen.

Die selbstreferentielle Pro7- Comedy aus dem Fernsehalltag herausreißend und ihr mittels Leinwand Wichtigkeit zugestehend, zeigen die Potsdamer u.a. ein noch nicht gesendetes „Best of ...“, lassen die „switcherin“ Petra „Dolly Buster“ Nadolni moderieren, den Pro7-Comedychef Jobst Benthuis diskutieren und kommen anschließend zur Verleihung der „Nervensäge 98“. Die vergibt der Verein zur Veralberung der Werbemedien alljährlich an einen Werbespot, der u.a. durch „Häufigkeit, Perfidität, Klischeeverherrlichung und Zusammenhanglosigkeit“ auffiel. 1997 hieß der Gewinner Always „nachschaun, nachschaun“ Ultra. 1998 heißt die Devise daher: Anschaun, anschaun! Christoph Schultheis

„TeleVisionen. Die Comedy- Nacht“, Sa. ab 21.30 Uhr, Waschhaus Potsdam, Schiffbauergasse 1; und So. ab 20 Uhr: „The Lakers“ vom „Fitz“-Autor Jimmy McGovern (und zwar alle fünf Folgen!!)