piwik no script img

Kabila setzt jetzt auf Einheit statt Ideologie

■ Kongo bekommt eine neue Währung – Teil von Reformen, die auch die Politik berühren

Berlin (taz) – Worauf hat Laurent-Désiré Kabila eigentlich so lange gewartet? Am heutigen Nationalfeiertag der Demokratischen Republik Kongo, mehr als ein Jahr nach dem Sturz der Mobutu-Diktatur im früheren Zaire, bekommt das Land endlich die neue Währung, die Kabila bereits während des Bürgerkrieges 1996–97 versprochen hatte.

Der „Franc Congolais“ löst den „Nouveau Zaire“ mit dem Mobutu-Porträt auf den Geldscheinen ab. Auf den neuen Scheinen sollen Motive aus der Wirtschaft prangen. „Möge der kongolesische Franc einen Faktor der Beschleunigung des Wiederaufbaus des Vaterlandes und der Konsolidierung der nationalen Einheit darstellen“, verkündete Staatschef Kabila in bestem Politjargon bei seiner Rede am 18. Juni, als er die Währungsreform ankündigte.

Die „Konsolidierung der nationalen Einheit“ ist Kabilas zentrales Anliegen. Bisher kursierten in verschiedenen Landesteilen verschiedene Währungen – in der Region Kasai erkannte die Opposition Mobutus letzte Währungsreform 1993 nicht an und benutzte weiter die alten Zaire-Scheine anstelle des „Nouveau Zaire“. In anderen Landesteilen zirkulieren nur bestimmte Denominationen des „Nouveau Zaire“, weil die anderen in der Schlußphase des Mobutu- Regimes als Mittel zur Kriegsfinanzierung gesehen worden waren. Nun haben die Kongolesen zwölf Monate Zeit, um die verschiedenen Gelder in die neue einheitliche Währung umzutauschen.

Damit ist auch klar, worauf Kabila so lange warten mußte: eine Beruhigung der angespannten innenpolitischen Lage. Vor allem die Oppositionspartei „Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt“ (UDPS) unter Etienne Tshisekedi, die sowohl gegen Mobutu als auch gegen Kabila agitiert und den Boykott des „Nouveau Zaire“ in ihrer Hochburg Kasai organisiert hatte, mußte erst einmal besänftigt werden. Ende Mai traf Kabila den aufs Land verbannten Tshisekedi, und jetzt zirkulieren Gerüchte, Tshisekedi könnte zum Präsidenten des demnächst entstehenden Übergangsparlaments ernannt werden. Heute nimmt die UDPS von einem zeitweise erwogenen Boykott des „Franc Congolais“ Abstand und verkündet nur, die Währungsumstellung werde in Kasai „länger“ dauern.

Kabila orientiert sich zurück zur politischen Mitte, wenn auch mit gewohnt autoritären Mitteln. Mehrere der eifrigsten Ideologen des Regimes, wie Informationsminister Raphael Ghenda oder TV- Chef José Kaganjwa, wurden vor einem Monat wegen angeblicher Korruption festgenommen, ebenso Planungsminister Etienne Mbaya, der aus dem deutschen Exil kam und mehrfach besonders virulente Kritik an ausländischen Diplomaten geübt hatte. Zugleich wird die einstige Rebellenallianz AFDL im Hinblick auf die für 1999 geplanten Wahlen zur politischen Partei umgebaut. Die bevorstehende Einsetzung eines Übergangsparlaments, das die im Entwurf bereits vorliegende neue Verfassung für Kongo verabschieden soll, könnte zur Einbindung der politischen Gegner dienen. In seiner Rede zur Währungseinführung versprach Kabila, „einen institutionellen und politischen Rahmen einzurichten, in dem alle Kräfte der Nation ihre kreativen Kapazitäten unter Beweis stellen können“.

Wichtig sind solche Schritte auch, um das schlechte Image der Regierung gegenüber dem Ausland zu verbessern. In New York sollte gestern der Bericht der lange behinderten UN-Untersuchungskommission zu Massakern im Kongo während des Bürgerkriegs veröffentlicht werden. Rechtzeitig davor hat Kongos Regierung es geschafft, die im Ausland vielbeachtete unabhängige Presse des Landes hinter sich zu scharen: Die Zeitungsherausgeber der Hauptstadt Kinshasa haben gemeinsam eine Erklärung verabschiedet, in der sie Verdächtigungen eines Völkermordes an ruandischen Flüchtlingen als „Komplott gegen unser Land“ denunzieren.

Im Gegenzug verlangen die Verleger ein Ende der Verfolgung von Journalisten im Kongo. Auch in diesem Bereich also sind „Konsolidierung der nationalen Einheit“ und politische Liberalisierung nicht voneinander zu trennen. Dominic Johnson

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen