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■ Schöner lebenSchöner klaufen

Neulich an der Obernstraße: Auch der ärmste taz-Redakteur muß sich von seinem kargen Lohn ab und zu mal neue Klamotten kaufen. Schließlich wird man gerne mal zu irgendwelchen Politiker-Umtrünken eingeladen. Da kann man nicht völlig abgerissen erscheinen. Also ab in die Kaufhäuser, Jeans gibt es immer mal wieder im Sonderangebot.

So auch dieses Mal – besonderes Glück winkt obendrein: Neben der Sonderangebotsjeans erstehe ich auch noch ein Sonderangebots-t-shirt und entdecke den Stoff, aus dem sich mal wieder eine halbwegs nette Zei-tungsgeschichte stricken läßt. Schilderwälder wie in Bremens Straßen – jetzt auch in Umkleidekabinen. Freundlich, aber bestimmt, wird der König Kunde darauf hingewiesen, daß er nur dann König ist, wenn er die zweifach unsichtbar und sichtbar, elektronisch und mechanisch gesicherte und verteidigte Ware bezahlt. Sonst landet er unweigerlich im Kittchen, weil jeder Ladendiebstahl zur Anzeige gebracht wird. Wo sich diese Anzeige befindet, zu der man gebracht wird, steht allerdings nicht in den Kabinen.

Den Vogel schießt bei diesen subtilen Hinweisen ein Spezial-Jeans-Laden ab. Die haben sage und schreibe sechs Schildchen in ihren Kabinen hängen. Und zusätzlich noch einen Wachschutzmann mit Knüppel an der Treppe stehen.

Darum rücke ich auch zu dem Jeans-Experten aus, um meine Geschichte noch mal flugs zu recherchieren. Weil Samstag ist und ich nach der aufwendigen Recherche noch in diesem herrlichen Bremer Sommer ein Eis essen möchte, mache ich mich besonders schick und ziehe die neue Jeans an. Ein kapitaler Fehler!

Kaum verlasse ich mit den neuen Beinkleidern nach getaner Recherchearbeit die Umkleidekabine, spüre ich zwischen den Schulterblättern erst eiskalte Blicke, dann ein hartes Etwas, was sich schnell als Gummiknüppel entpuppt. Eine sonore Stimme fragt mich: „Haben wir da nicht etwas vergessen?“ Leicht verunsichert drehe ich mich um. „Ich wüßte nicht was!“ Vor mir steht der Wachschutzmann. Und ob der nun was von meinem Job versteht und somit weiß, was ich vergessen haben könnte, will mir nicht so recht in den Kopf. Dann schwant mir Böses.

Der Typ starrt auf meine neue Jeans, klopft mir mit seinem Gummiknüppel vor den Oberschenkel und faselt irgendwas von „Bezahlen“ und „Anzeige“. Ich sehe mich bereits statt in der Eisdiele auf der nächsten Polizeiwache. Und der Gummiknüppelmensch hat ein fieses Glitzern in den Augen. Motto: „Wieder eine Provision heute.“

Da schießt mir blitzartig durch den Kopf: „Glück gehabt.“ Es gibt einen harten Beweis meiner Unschuld. Genauer gesagt sogar zwei bis drei. Erstens: Die Hose hat auf dem rechten Bein einen klitzekleinen Fleck vom morgendlichen Kaffee. Zweitens: Die Hose riecht am unteren rechten Beinende gaaaanz leicht nach Bier – wegen eines umgekippten Becks auf der Party vom Vorabend. Und drittens: Die Hose ist reichlich knubbelig – wie Jeans das so an sich haben, wenn man sie wie jeder normale Mensch nicht bügelt.

Ich halte dem Gummiknüppelmensch also ein fünfminütiges Plädoyer über meine klare Beweiskette, über meine eingeschränkten Grundrechte und daß ich sofort den Geschäftsführer sprechen will, wenn er mich nicht sofort laufen läßt. Das hilft. Seltsamerweise nicht das mit dem Geschäftsführer. Das mit dem Bierflecken, das überzeugt. „Sowas verkaufen wir tatsächlich nicht. Sie können gehen.“ Jens Tittmann

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