: Strohfeuer vor der Bundestagswahl
■ Trotz massiver Vergabe von ABM mehr Arbeitslose als im Vorjahr
Als „Arbeitsmarktentlastung durch Wahlkampf-ABM“ hat gestern die Senatorin für Arbeit und Frauen, Christine Bergmann (SPD), die gesunkenen Arbeitslosenzahlen in Berlin bezeichnet. Von einer Entspannung auf dem Arbeitsmarkt könne, so Bergmann weiter, keine Rede sein.
Wie das Landesarbeitsamt mitteilte, hat die Zahl der Arbeitslosen erstmals seit drei Jahren im Juni abgenommen, trotzdem liegt die Zahl der Jobsuchenden noch über dem Vorjahresstand. Ende Juni gab es in Berlin 267.000 Arbeitslose, das sind zwar 5.500 weniger als im Mai, aber 1.150 mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote sank um 0,3 Prozentpunkte auf 15,8 Prozent, im Juni des vergangenen Jahrs lag sie mit 15,6 Pozent etwas niedriger.
Die Arbeitslosigkeit hat nach Angaben des Landesarbeitsamtes in nahezu allen Berufsgruppen abgenommen. Überdurchschnittlich sei der Rückgang bei den Bau- und Baunahen-, den Sozial- und Erziehungs- sowie den Verwaltungs- und Büroberufen. Doch auch dies sei hauptsächlich auf verstärkte Vermittlung in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) zurückzuführen.
Auch der DGB-Bezirksvorsitzende Dieter Scholz wertete die Entspannung durch arbeitspolitische Instrumente als „Strohfeuer“. Zudem dürfe nicht übersehen werden, daß im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten weiter abgenommen habe. Arbeitssenatorin Bergmann wies darauf hin, daß zum Jahresende viele der neuen ABM-Stellen bereits wieder auslaufen. Ein Teil der Stellen laufe nicht einmal ein volles Jahr. Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU) zeigte sich überzeugt, daß Anfang Herbst erstmals kein Zuwachs an Arbeitslosen im Vorjahresvergleich mehr zu verzeichnen sein wird.
Etwa 400 Erwerbslose haben gestern nach Angaben der Veranstalter gegen Arbeitslosigkeit demonstriert. Dabei seien drei Demonstranten von der Polizei festgenommen worden. Zuvor seien Farbeier auf eine Kneipe in Lichtenberg geworfen worden, die als Treffpunkt der Rechten bekannt sei. Der Protestmarsch am bundesweiten Aktionstag der Erwerbslosen stand unter dem Motto „Vom Arbeitsamt zum Sozialamt – kein weiter Weg“. sam/ga
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen