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Nächste Runde im Schacher um die Anzahl der Regionen

■ Nach dem Veto von Polens Präsident gegen die Gebietsreform herrscht Ratlosigkeit. Ein schneller Beschluß muß her. Sonst müssen die bevorstehenden Regionalwahlen abgesagt werden

Warschau (taz) – Im polnischen Parlament herrscht Schweigen. Das Veto des Präsidenten, das vor wenigen Tagen das größte Reformprojekt der Regierung, die Neuaufteilung des Landes und die Dezentralisierung des Staates, gestoppt hatte, hat den Abgeordneten die Sprache verschlagen. Sein oder Nichtsein des Landes sind nicht mehr abhängig von der Zahl der künftigen Regionen Polens. Auch Patrioten, Schacherer und „Sklaven Brüssels“ sind nicht mehr an einer Zahl wie zwölf, 15 oder 17 festzumachen. Allen ist klar: Eine parteienübergreifende Lösung muß so schnell wie möglich her. Denn ohne ein neues Projekt, das die Gesetzgebungsprozedur im Eilverfahren durchlaufen kann und auch von Präsident Aleksander Kwaśniewski akzeptiert wird, müssen die für Herbst anberaumten Wahlen zu den neuen Regionalparlamenten abgesagt werden.

Mit der Gebietsreform sollen die 1975 eingeführten 49 Wojewodschaften (Verwaltungsbezirke) abgeschafft und durch große Regionen, ähnlich den deutschen Bundesländern, ersetzt werden. Die Bürger sollen nicht mehr von einem Regierungsbeamten, dem Wojewoden, „verwaltet“ werden, sondern ihre Regionalparlamente selbst wählen. Warschau will die Selbstverwaltung der Regionen fördern und dafür auf einen Teil der Macht verzichten. Da künftig der Großteil der Steuereinnahmen in den Regionen verbleiben soll, wächst deren Spielraum.

Dem Veto des Präsidenten vom 2. Juli war nicht nur ein monatelanger Streit innerhalb der Mitte- rechts-Koalition vorausgegangen, im ganzen Land hatte die „Entscheidung aus Warschau“ die Menschen auf die Straßen getrieben: Bydgoszez wollte zusammen mit Thorn in eine Region, Oppeln wollte Hauptstadt einer eigenen Region werden. Das eigentliche Ziel der Reform, die Verlagerung von Eigenverantwortlichkeit in die Regionen, wurde von „Hauptstadtambitionen“ einiger Provinzstädtchen oder Antipathien gegenüber der Nachbarstadt überdeckt. Die Profilierungswünsche einiger Politiker taten ein übriges. So wurden aus zwölf Regionen 15, dann 17 und am Ende gar – so fordert es die oppositionelle Bauernpartei – wieder 49. Die Reform, meinten die „Bauern“, sei keine Dezentralisierung. Das bisherige Machtzentrum verzwölffache sich nur.

Eine Gegenüberstellung der Zahlen macht aber deutlich, daß mit zunehmender Zahl der Regionen die Bedeutung der Hauptstadt wächst. An Warschau und seiner Region „Masowsze“ wagte nämlich niemand zu knappsen. Auch mußte sich das Demokratische Linksbündnis (SLD) fragen lassen, warum es vor vier Jahren noch selbst eine Zwölfervariante ausgearbeitet hatte, nun aber – da die Mitte-rechts-Regierung des Konzept umsetzen will – dagegen war. Während der vier Jahre, in denen die SLD zusammen mit der Bauernpartei die Regierung gestellt hatte, war die Reform nicht vom Fleck gekommen. Der Verdacht, daß es den Linksdemokraten ebenso wie Präsident Kwaśniewski mit ihrer Option für 17 Regionen eher um den Gewinn parteipolitischer Sympathien ging, liegt nahe: 17 Regionen gab es bereits – vor der Gebietsreform von 1975.

Präsident Kwaśniewski, der mit seinem Veto alle Parteien aufgefordert hat, ein gemeinsames Projekt auszuarbeiten, hat sich inzwischen von seiner Position „17 Regionen“ zurückgezogen. Aus Danzig meldete sich vor einigen Tagen unerwartet Expräsident Lech Walesa zu Wort: „Herrschaften, ich schlage fünf Regionen vor: ein Zentrum und vier Regionen entlang den Grenzen.“ Gabriele Lesser

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