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Machen Sie einfach Ihren Kühlschrank auf!

■ Von Tiefkühlkost, Skeletten und Schneiderpuppen: Die Armgartstraße präsentiert ihre Jahresausstellung

Auf dem Boden liegt eine schwere, metergroße Bilderrolle. Stephanie Sost hat sie bedruckt und übermalt. Doch Platz an der Wand schafft das nicht, denn die zeichenhaft stilisierten Arbeiten sind in kleinerem Format nochmals darüber aufgehängt. Daß das etwas kunstgewerblich ausschaut, ist hier kein Nachteil, denn es ist Semesterausstellung im Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule, kurz „Die Armgartstraße“ genannt. Und so weht nicht der wirre Geist der freien Kunst durch die Gänge, hier geht es um Dinge und ihre Abbilder. Hier werden noch auf Staffeleien Blumen und Akte gemalt, oder Ratten und Menschen werden zu Comics verarbeitet.

Vielfach wird hier die Kompetenz zum Kommunikationsdesign geschult, was für den Laien besser Werbung heißt. „Machen Sie Ihren Kühlschrank auf, sehen Sie hinein, suchen Sie Sich ein Produkt aus, verändern und bewerben Sie es!“ lautet der Kreativanstoß in der Klasse von Prof. Kraiker, während bei Prof. Weckerle eine Diplomarbeit versucht, Kants „Kritik der Urteilskraft“ zu visualisieren. Sieht man in der Klasse Schönholz die Werbeentwürfe für Bestattungsunternehmen, Organentnahmen und Amnesty International, könnte man glauben, Toscanis Schockwerbung im Benneton- Stil habe Pate gestanden.

Da Fotoprofessor Thomas Grebe nach 15 Jahren emeritiert wird, sind ihm die Wände im zentralen Erdgeschoß gewidmet. Zu sehen sind „Gesammelte Erinnerungen an Studierende und Reisen“: Fotos, die in meist stillebenhafter Stilisierung einen Einblick in die breiten Möglichkeiten des Photodesigns geben.

Gestaltung ist ein weites Feld, auch Architekturbezüge und soziale Forschung gehören dazu. So sind die Modelle zur Neugestaltung der Eingangssituation bei der Hamburger Lufthansawerft ebenso zu sehen wie ein kriminalistisch-poetisches Projekt zur Spurensicherung in Hotelzimmern. Und neue Mode, schräge Stoffe, umgarnte Neonröhren und andere Lichtobjekte sind ebenfalls zu bestaunen.

Ein aufrecht sitzendes Skelett und ein hingefletzter Fisch und gar eine Stuhlmarionette besetzten den Raum von Eun Nim Ro und variieren das Thema „Ein Stuhl, ein Raum“. Die Professorin für „Farbe und Form“ hat übrigens gerade den Auftrag bekommen, neue U-Bahnhöfe in ihrer alten Heimat Korea zu gestalten.

Ganz dem Druck, der Schrift, den illustrierenden Künsten ist die Dependance Wartenau 15 gewidmet. Hier kann in labyrinthischen Räumen tausendfach Flachware begutachtet werden, Zeichnungen und Malerei jeden Stils. Zu kraftvollen malerischen Großformen findet die Malerei in der Klasse von Jadranko Rebec. Hier wird das Semesterthema „Kultur als neue Natur“ in freien Farbgesten nach alten Bildern und Abstraktionen heutiger Stadtlandschaften interpretiert. Wer nicht mehr 'rumlaufen mag, kann sich setzen und in der Klasse Schabenbeck ein Programm von Zeichentrickfilmen ansehen.

Hajo Schiff

nur noch bis morgen, 9 – 21 Uhr. Sommerfest: Fr, 19 Uhr, Jahresausstellung im Netz: http://www.Design.FH- Hamburg.DE

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