: „Hash“ auf'm Hemd
■ Logo-Klau: Hamburger Firmen tragen die Verhunzung ihrer Markennamen mit Fassung Von Timo Hoffmann
Schon bevor Shell boykottbedingt eine Hell-Muschel verpaßt bekam, wurden Markennamen ohne Rücksicht auf Verluste durch den Kakao gezogen. Da kleidet man sich zum Federballspielen mit adihash statt adidas. Und in diesem Sommer erlebt die verschmitzte Dreistigkeit jugendlicher Designer ihren Höhepunkt.
Seien es Shirts, auf denen statt Jägermeister im vertrauten Hirsch-Logo Ravermeister prangt oder die ein Ego in Farbe und Stil der Lego-Schrift ziert. Will sich so die als markengeil verschrieene Jugend in einem Rachefeldzug über die allgegenwärtigen Insignien des Dauerkonsums hermachen?
Gute Geschäfte versprechen die bedruckten T-Shirts auch in Hamburg, versteckte Kapitalismuskritik hin oder her. Zwischen 40 und 50 Mark kostet das hippe Stück in einem der Shops im Schanzenviertel. Die Kunden, sagt Astrid Meier, Verkäuferin bei „Sister Hood“ in der Bartelsstraße, seien häufig Rave- und Techno-Anhänger sowie junge Hip Hop-Fans. Insgesamt jedoch hat sich die Welle vom Insider-Tip jugendlicher Subkulturen zu einem szenenübergreifenden Trend entwickelt.
Auch das Logo der in Hamburg ansässigen Firma Langnese ist den T-Shirt-Stylisten schon zum Opfer gefallen. Noch gehört der Eiscreme-Hersteller zu den wenigen Firmen, die den rebellisch-jugendlichen Übermut tolerieren: „Solange es unser Image nicht beschädigt oder verunglimpft, erwägen wir keine rechtlichen Konsequenzen“, gibt sich Langnese-Sprecherin Ute Sievert gelassen.
Daß andere Firmen nicht so viel Verständnis haben, wenn es um ihren Ruf geht, mußte Sven Horstmann am eigenen Leib erfahren. „Die am stärksten verarscht wurden, haben sich am wenigsten dagegen gewehrt“, wundert sich der Betreiber des Herschinger T-Shirt-Vertriebs Frontal Stuff. Dennoch wurde ihm, der als einer der ersten in Deutschland mit den textilen Verfremdungen begann, mit Hinweis auf das Urheberrecht der Vertrieb seiner T-Shirts untersagt. Ein wenig Verständnis hat er für die rechtlichen Schritte schon: „Es gibt schon zu viele, die die Logos imitieren oder sogar ihre eigenen Shirts entwerfen.“
Mit der ursprünglichen, möglicherweise gar subversiven Idee haben solche Entwicklungen nicht mehr viel zu tun. Ohnehin scheinen Einfallsreichtum und Qualität der Verfremdungen unter der massenhaften Verbreitung Schaden genommen zu haben. Der kreative Höhepunkt ist offenbar überschritten, wenn Bahlsen zu Blasen oder Snickers zu Suckers und in blauer Raute empfohlen wird, Anal statt Aral zu tanken.
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