: Unterm Strich
Und was wird bleiben von der Verhüllung? Von der Verhüllung bleiben die Bilder davon. Drei Jahre danach übergibt das Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg eine Dokumentation über das Kunstprojekt. Per Live-Schaltung aus New York stellten Christo und Jeanne-Claude gestern in Berlin die „Biographie der Verhüllungsaktion“ erstmals der Öffentlichkeit vor. Vom 21. Juli bis Ende August wird das Nationalmuseum in Nürnberg die wichtigsten Dokumente in einer kleinen Ausstellung zeigen. Die Verhüllung des Berliner Reichstages mit 100.000 Quadratmeter silbernem Stoff zog 1995 mehrere Millionen Menschen an. Die Love Parade war nichts dagegen. Die Dokumentation umfaßt rund 5.000 Schriftstücke und Korrespondenzen, mehr als 11.000 Presseberichte und 60 Manuskripte. Der Verhüllung des Reichstages gingen von 1971 bis 1995 genau 24 Jahre Planungszeit voraus. Zum erstenmal diskutierte und stimmte der deutsche Bundestag über die Existenz eines Kunstwerks ab, bevor Christo und Jeanne-Claude im Juni und Juli 1995 ihr Projekt verwirklichen konnten.
Jetzt will jeder noch schnell etwas dazu gesagt haben. Der Bundesverband Deutscher Galerien (BVDG/Köln) hat eine Bündelung der kulturpolitischen Kompetenzen auf Bundesebene gefordert. Das „Geschrei um die Form“ – Kulturbeauftragter oder Kulturminister – sei überflüssig und schade dem kulturpolitischen Konsens. Deswegen unterstütze er den Vorschlag der Bundestagspräsidentin, den Begriff „Kultur“ in dem Namen eines Bundesministeriums sichtbar zu machen. Dort würden dann vorhandene Funktionen des Bundes für Kultur gebündelt. Außerdem sollte das seit Monaten heftig diskutierte Thema aus der „unfruchtbaren Einklemmung“ zwischen den Dogmen „Kulturhoheit der Länder“ und „Bundeskulturministerium“ befreit werden.
Für entsprechende Verschnürungen hat sich auch Hilmar Hoffmann, Präsident des Goethe-Instituts, ausgesprochen. Er steht einer Bündelung der Bundeskulturpolitik offen gegenüber. Die bisher verteilten Kulturzuständigkeiten könnten in einer Abteilung des Bildungsministeriums zusammengeführt werden. Das Geld, das ein eigenes Bundeskulturministerium kosten würde, sollte lieber der Kultur direkt zufließen. Aber wo findet man die Kultur direkt?
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